Brisantes Urteil bringt Landtag in die Klemme

Saarbrücken. Der Verfassungsgerichtshof (VGH) des Saarlandes hat den Landtag scharf gerügt, weil er die Wahlanfechtung eines Bürgers nicht zügig genug betrieben habe. 17 Monate nach der Landtagswahl 2009 liege immer noch keine Entscheidung des Landtags darüber vor, kritisierte gestern VGH-Präsident Roland Rixecker (Foto: bub)

Saarbrücken. Der Verfassungsgerichtshof (VGH) des Saarlandes hat den Landtag scharf gerügt, weil er die Wahlanfechtung eines Bürgers nicht zügig genug betrieben habe. 17 Monate nach der Landtagswahl 2009 liege immer noch keine Entscheidung des Landtags darüber vor, kritisierte gestern VGH-Präsident Roland Rixecker (Foto: bub). Mit seiner Untätigkeit habe das Parlament das Grundrecht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz verletzt. Die Entscheidung der acht Verfassungsrichter sei einstimmig gefallen, betonte Rixecker.

Der Kläger, der selbst Jurist ist, hatte gleich mehrere Anfechtungsgründe geltend gemacht. Einer davon ist die Kandidatenkür der Linkspartei im Wahlkreis Neunkirchen, bei der auch nicht stimmberechtigte Mitglieder mitentschieden hätten. Ferner geht es unter anderem um die Reihenfolge der Wahllisten und die grafische Gestaltung des Stimmzettels.

Rixecker wies in der Urteilsbegründung darauf hin, dass der betroffene Kläger nun einen Anspruch auf Wahlprüfung direkt durch den VGH habe. Normalerweise sei das Gericht zwar dafür zuständig, Entscheidungen des Landtags zu überprüfen. Wenn das Parlament aber - wie im konkreten Fall - nicht innerhalb einer angemessenen Frist entscheide, könne ein Betroffener auch ohne vorherige Entscheidung des Landtags direkt klagen. Dies muss in einem gesonderten Verfahren erfolgen, dessen Einzelheiten im saarländischen Verfassungsrecht geregelt sind. Demnach kann die Entscheidung des Landtags in Wahlangelegenheiten angefochten werden, wenn sich dem Kläger mindestens 100 wahlberechtigte Bürger per Unterschrift anschließen. Anfechtungsberechtigt sind jeweils auch die Fraktionen des Landtags oder eine Minderheit von mindestens sechs Abgeordneten.

Die SPD-Fraktion im Saar-Landtag will nun juristisch prüfen, ob sie selbst mit einer Wahlanfechtung vor den VGH zieht. Fraktionschef Heiko Maas sagte der SZ, man wolle zunächst die Reaktion des Wahlprüfungsausschusses im Landtag abwarten. Er forderte eine schnelle Prüfung aller Vorwürfe. Auch die Linken begrüßten den VGH-Entscheid. CDU, Grüne und FDP versicherten, die Rüge des Gerichts zu respektieren. , Seite A 4: Meinung wi/red

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