Umfrage in Brasilien Linkspolitiker Haddas ist Favorit für die Stichwahl

Rio de Janeiro · Vor der Präsidentschaftswahl am Sonntag herrscht in Brasilien eher Katerstimmung als Optimismus: Die beiden Favoriten sind laut Umfragen zugleich diejenigen mit der größten Ablehnung in der Bevölkerung.

Weder dem Rechtspopulisten Jair Bolsonaro noch Fernando Haddad von der Arbeiterpartei PT wird zugetraut, das von Wirtschaftskrise und Korruptionsskandalen geplagte Land zu einen. Die tiefgehende Spaltung in entgegengesetzte politische Lager droht sich zu vertiefen.

Bis zu 31 Prozent der Stimmen sagen Umfragen dem Hardliner Bolsonaro voraus. Sein größter Konkurrent ist Fernando Haddad, Uniprofessor und Linksintellektueller. Der 55-Jährige war mal mit mäßigem Erfolg Bürgermeister von São Paulo. Jetzt tritt er für die linke Arbeiterpartei PT an, für die eigentlich Ex-Staatschef Lula da Silva ins Rennen gehen wollte. Doch der ist wegen des Vorwurfs der Vorteilsnahme verurteilt, sitzt im Knast und kann nur zuschauen. Lula, der Brasilien von 2003 bis 2011 regierte, würde die Wahl locker gewinnen, wenn er dürfte. Sein Ersatzmann Haddad ist spröde und in weiten Teilen des Landes unbekannt. Immerhin wollen ihn am Sonntag 21 bis 25 Prozent der Brasilianer wählen. Er liegt in Umfragen inzwischen deutlich vor dem drittplatzierten Ciro Gomes mit elf Prozent, der ebenfalls das Mitte-Links-Spektrum vertritt. Keiner der 13 Kandidaten hat in den vergangenen Wochen so einen rasanten Aufstieg hingelegt wie Haddad. Und nach Lage der Dinge wird er mit Bolsonaro in der Stichwahl am 28. Oktober einziehen. Dort wird dem Linkspolitiker ein Sieg vorausgesagt.

Haddad verspricht Kontinuität. Der Ex-Erziehungsminister will die erfolgreiche Sozialpolitik seiner Vorgänger Lula und Dilma Rousseff fortsetzen. Letztere wurde 2016 abgesetzt und durch den äußerst unbeliebten Konservativen Michel Temer ersetzt. „Der Putsch gegen Rousseff hat die Demokratie und das Gleichgewicht der Institutionen geschwächt“, sagte Haddad im Wahlkampf. Dringend notwendig sei, die Entwicklung des Landes mit einer sozial ausgerichteten Wirtschaftspolitik voranzutreiben und das Klima der Konfrontation zu beenden.

Die Kandidaten der großen konservativen Parteien, die den Sturz von Rousseff einfädelten, liegen heute alle abgeschlagen im einstelligen Bereich.

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