Bizarrer Teppichhandel im Bundestag

Berlin. FDP-Mann Dirk Niebel hätte gestern wohl lieber mit Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) die Initiative "Forum Nachhaltiger Kakao" gestartet. So stand es zunächst auch im Terminkalender des Entwicklungsministers

Berlin. FDP-Mann Dirk Niebel hätte gestern wohl lieber mit Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) die Initiative "Forum Nachhaltiger Kakao" gestartet. So stand es zunächst auch im Terminkalender des Entwicklungsministers. Doch die Opposition machte ihm einen Strich durch die Rechnung - der Minister musste sich wegen seiner "Teppichaffäre" im Bundestag bei einer Aktuellen Stunde verantworten. Das tat er dann auch, und zwar mit einem extrem kurzen Auftritt. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Keiner weiß das besser als Niebel, über den wegen des fliegenden Teppichs seit Tagen im politischen Berlin gewitzelt, aber auch gemeckert wird. Der Minister sei "ein liberales Teppichluder", zitierte im Parlament der SPD-Abgeordnete Sascha Raabe genüsslich eine der vielen spöttischen Schlagzeilen. Da musste Niebel auf der Regierungsbank selbst lachen. Allerdings wird inzwischen nicht nur über den Liberalen Häme ausgeschüttet, auch der Bundesnachrichtendienst ist zum Spottobjekt geworden. In Geheimdienstkreisen werde der BND bereits als "Bundes-Nachsende-Dienst" hochgenommen, bei dem "der Präsident die Sachen persönlich ausliefert", lästerte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. In Pullach ist man jetzt alles andere als gut auf Niebel zu sprechen. Denn der Dienst ist durch ihn in eine missliche Lage geraten, zumal jetzt jeder weiß, dass der BND über ein Flugzeug verfügt. Das war angeblich vorher geheime Kommandosache. Zur Erinnerung: Niebel hatte bei einer Dienstreise nach Afghanistan privat einen Teppich für 1100 Euro erworben und ihn am Zoll vorbei mit besagtem Flugzeug des BND, in dem auch noch Präsident Gerhard Schindler saß, nach Deutschland bringen lassen. Erst als dies öffentlich wurde, hatte er eine nachträgliche Verzollung beantragt. Der neun Quadratmeter große Teppich, dessen Transport von Kabul nach Berlin 3840 Euro gekostet haben soll, liegt jetzt bei Niebel zuhause - und soll schon von Motten befallen sein.Wie dem auch sei, mit gefalteten Händen und dezentem Grinsen hörte sich Niebel bei einer zum Teil bizarren Debatte die Vorwürfe der Opposition an. Zu seiner Rückendeckung war fast die ganze FDP-Fraktion angetreten. Der Minister missbrauche sein Amt für "persönliche Interessen und die seiner Partei", wetterte SPD-Mann Raabe. Erst habe Niebel Parteifreunde mit Posten versorgt, dann den Personalrat im Ministerium kaltgestellt und jetzt auch noch Privatdinge einfliegen lassen. Nicht der Teppich, sondern Niebel müsse fliegen. Die Linke Heike Hänsel befand, dem Minister fehle es an Gespür für seinen Job, das zeige auch die Bundeswehrkappe, die er stets trage. Ein Teppichkauf gehöre nicht zu einer Dienstreise. Daraufhin muss wohl FDP-Generalsekretär Patrick Döring der Kragen geplatzt sein - er bezichtigte Hänsel später bei seiner Rede, sie kaufe ständig bei Reisen auf Basaren ein und lasse sich die vollen Tüten auch noch tragen. Niebel habe nur "Mittelstand und Handwerk" unterstützen wollen. So, so. Bei seiner kurzen Erklärung wurde Niebels Strategie schnell deutlich - größtmögliche Demut: "Ich habe einen Fehler gemacht, den ich selbst zu verantworten habe", meinte er im Trauer-Ton. Er habe sich "sofort und umfassend" entschuldigt. Genutzt hat ihm das nichts, die Debatte aber wohl auch nicht.

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