"Bild, BamS, Glotze" und der Fall Wulff

Berlin. Gerhard Schröder kann sich nicht genau erinnern, ob der Spruch, er brauche nur "Bild, BamS und Glotze" für erfolgreiches Regierungshandeln, so von ihm stammt. "Er würde jedenfalls zu mir passen", sagte der Alt-Kanzler jüngst bei einem Empfang der "Bild"-Zeitung in Berlin. Mit der Boulevardzeitung ist schon mancher Politiker groß rausgekommen

 Wulff mit "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann. Foto: dpa/Stache

Wulff mit "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann. Foto: dpa/Stache

Berlin. Gerhard Schröder kann sich nicht genau erinnern, ob der Spruch, er brauche nur "Bild, BamS und Glotze" für erfolgreiches Regierungshandeln, so von ihm stammt. "Er würde jedenfalls zu mir passen", sagte der Alt-Kanzler jüngst bei einem Empfang der "Bild"-Zeitung in Berlin.Mit der Boulevardzeitung ist schon mancher Politiker groß rausgekommen. Doch das Blatt kann sich schnell wenden - wie jetzt bei Christian Wulff. Die Boulevardpresse handele oftmals nach dem Fahrstuhl-Prinzip, hießt es in einer Studie des "Netzwerks Recherche" zum Hauptstadtjournalismus: "Will die Politprominenz im Fahrstuhl mit nach ganz oben fahren, muss sie bei Liebesverweigerung auch schon mal damit rechnen, wieder runtergefahren zu werden."

Kanzler Schröder und "Bild" hatten selten eine einfache Beziehung. Die Zeitung habe mit einer "Mischung aus Häme, aus Hetze, aus Verächtlichmachung der Hauptakteure garniert mit Halbwahrheiten" über die Regierungspolitik berichtet, sagte Schröders damaliger Regierungssprecher Bela Anda. Schröder versuchte also einige Zeit, ohne "Bild" und "Bild am Sonntag" auszukommen.

Dass die Zeitung mit einer Auflage von fast drei Millionen Exemplaren Einfluss hat, ist unbestritten, aber auch dieser ist nicht unbegrenzt. Bis zuletzt war "Bild" eng an Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenbergs (CSU) Seite, der am Ende über seine Plagiatsaffäre stolperte. Auch Wulff pflegte als niedersächsischer Ministerpräsident engen Kontakt zu dem Blatt. Dort war Wulff "Deutschlands beliebtester Politiker". Auch seine Scheidung und die neue Heirat wurden breit aufgegriffen. "Ja, in meinem Leben gibt es eine neue Frau", hieß es 2006 in der "Bild".

Christian und Bettina Wulff versorgten seitdem "Bild" und "Bunte" regelmäßig mit ein bisschen Klatsch und Infos aus dem Familienleben. Bis zum 12. Dezember 2011, als Wulff offenbar wutentbrannt auf die Mailbox von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann sprach.

Es gehört zum Alltag des Berliner Politikbetriebs, dass Sprecher der Regierung und der Parteien Journalisten "Argumentationshilfen" liefern und sanften Druck ausüben. Die wichtigsten Informationen werden oft in Hintergrundgesprächen statt auf Pressekonferenzen vermittelt, auch um der Berichterstattung einen "Spin" (Dreh) im eigenen Sinne zu geben. Oft werden Exklusivinfos gezielt verteilt, um im Gegenzug in der Berichterstattung gut weg zu kommen.

Dass aber der Inhaber des höchsten Staatsamtes selbst zum Hörer greift, um bei Chefredakteuren mit harschen Worten Veröffentlichungen zu unterbinden, ist ungewöhnlich. Wulff soll zudem schon vor Monaten einen Journalisten der "Welt am Sonntag" ins Schloss Bellevue zitiert haben, um einen Artikel über seine Familie zu stoppen.

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