Besuch des guten Willens

Washington. Mehr als 500 internationale Journalisten werden ab heute den mehrtägigen Besuch des US-Präsidenten in Israel vor Ort begleiten. Ein großes Aufgebot für eine Visite, der das Weiße Haus vor allem symbolischen Charakter beimisst. Barack Obama kommt nicht mit einem neuen Plan für die Wiederbelebung der Gespräche zwischen Palästinensern und Israelis in den Nahen Osten

 Barack Obama stattet Israel zum ersten Mal als US-Präsident einen Besuch ab. Foto: Tripplaar/dpa

Barack Obama stattet Israel zum ersten Mal als US-Präsident einen Besuch ab. Foto: Tripplaar/dpa

Washington. Mehr als 500 internationale Journalisten werden ab heute den mehrtägigen Besuch des US-Präsidenten in Israel vor Ort begleiten. Ein großes Aufgebot für eine Visite, der das Weiße Haus vor allem symbolischen Charakter beimisst. Barack Obama kommt nicht mit einem neuen Plan für die Wiederbelebung der Gespräche zwischen Palästinensern und Israelis in den Nahen Osten. Dafür gibt es auf beiden Seiten zurzeit wenig Bereitschaft. Es geht in erster Linie um vertrauensbildende Maßnahmen in Gesellschaften, die sich in den zurückliegenden Jahren polarisiert haben.

Unter dem Druck des Präsidentenbesuchs schmiedete Benjamin Netanjahu Ende vergangener Woche eine Koalition zusammen, die Experten außenpolitisch schon jetzt für untauglichhalten. Vom Siedlungsbau im Westjordanland bis zum Friedensprozess finden sich die Mitglieder der neuen israelischen Regierung in zum Teil gegensätzlichen Positionen wieder. Diese Uneinigkeit in Israel spiegelt die Zerrissenheit der Palästinenser, die zwischen der radikalen Hamas-Führung im Gaza-Streifen und der moderateren Fatah-Bewegung im Westjordanland gespalten sind.

Obama will sich neben seinen Gesprächen mit Netanjahu und einer formellen Rede vor der Knesset direkt an die Israelis wenden. Wie 2009 in Kairo, als er für einen Neuanfang im Verhältnis zur muslimischen Welt warb, setzt der US-Präsident auch diesmal auf die junge Generation. Im Publikum des "International Convention Centers" werden deshalb vor allem Studenten sitzen, die aus allen Teilen Israels nach Jerusalem kommen.

Obama will den Israelis versichern, dass sie sich auf die Freundschaft und den Schutz der USA verlassen können. Trotz des schwierigen persönlichen Verhältnisses zwischen ihm und Netanjahu, der während des zurückliegenden Wahlkampfs zu erkennen gegeben hatte, ihm sei Mitt Romney lieber im Weißen Haus als der Amtsinhaber. Ein ums andere Mal hatte der rechte Likud-Führer Obama in der ersten Amtszeit vor den Kopf gestoßen. Von der Zurückweisung des amerikanischen Wunschs einer besonnenen Siedlungspolitik bis hin zu dem peinlichen Auftritt in Washington, bei dem Netanjahu den US-Präsidenten öffentlich schulmeisterte. Umgekehrt nahm das Weiße Haus wenig Rücksicht auf die innenpolitischen Empfindlichkeiten der wackligen Koalition Netanjahus. Und zeigte wenig Neigung für einen präventiven Militärschlag gegen Irans Atomanlagen.

Experten in Israel und den USA betonen, es gebe jenseits der atmosphärischen Störungen auf institutioneller Ebene eine engere Abstimmung denn je zuvor. Um diese Kooperation hervorzuheben, besucht Obama eine Raketenabwehr-Stellung, die aus amerikanischen Steuergeldern bezahlt worden ist. Insbesondere beim Atomstreit mit dem Iran und der zugespitzten Situation in Syrien verfolgen die USA und Israel gemeinsame Sicherheitsinteressen. Wobei Netanjahu abermals Druck machen dürfte, die USA militärisch zu einer aggressiveren Haltung zu bewegen.

Die Palästinenser-Frage steht auf der Prioritätenliste des Weißen Hauses weiter unten, da auf beiden Seiten die Gesprächsbereitschaft fehlt. Der Besuch in Ramallah bei Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas ist mehr als Zeichen des guten Willens gedacht. Obama befindet sich im Einklang mit mehr als zwei von drei Amerikanern, die in einer aktuellen Umfrage der "Washington Post" meinen, die USA sollten es Israelis und Palästinensern überlassen, eine Formel für den Frieden zu finden.

Meinung

Explosive Situation

Von SZ-Korrespondent

Thomas Spang

Der Iran und Syrien stehen ganz oben auf Barack Obamas Gesprächszettel mit Israels Ministerpräsident Netanjahu. Der Iran weitet durch die Schwächung des Irak seinen Einfluss in der Region aus und schafft die Voraussetzungen, eine Atommacht zu werden. Syrien schlägt mit brutaler Gewalt jede Opposition nieder. Beides bedroht die Sicherheit Israels. Die Situation ist deshalb höchst explosiv. Obama muss seine Reise nutzen, die Sorgen der Israelis zu zerstreuen und mäßigend auf Netanjahu einzuwirken. Keine einfache Aufgabe angesichts des schwierigen Verhältnisses der beiden.

Die Erwartungen an konkrete Ergebnisse mögen gering sein, unwichtig ist Obamas Besuch deshalb aber nicht. Er bietet die Chance, Vertrauen aufzubauen, das dringend benötigt wird, im Atomstreit mit Iran und im syrischen Bürgerkrieg an einem Strang zu ziehen.

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