Bestätigung mit Dämpfer

Brüssel · Mit Verspätung ist Günther Oettinger dann doch vom Europäischen Parlament für sein neues Amt empfohlen worden. Doch dem Schwaben, der gerne „frei von der Leber“ redet, hängen die Eklats des Vorjahres nach.

 Günther Oettinger ist seit Januar neuer Haushalts- und Personalkommissar der EU. Unumstritten ist der 63-Jährige seit seiner „Schlitzaugen“-Rede aber weiterhin nicht. Foto: Lalmand/Belga/dpa

Günther Oettinger ist seit Januar neuer Haushalts- und Personalkommissar der EU. Unumstritten ist der 63-Jährige seit seiner „Schlitzaugen“-Rede aber weiterhin nicht. Foto: Lalmand/Belga/dpa

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Der erhoffte Brief fiel eher kühl aus. Zwar bekam der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger , der zum Jahreswechsel die Aufgaben seiner aus dem Amt geschiedenen bulgarischen Kollegin Kristalina Georgieva übernommen hatte, am Ende seine Empfehlung. Bereits am Montag hatten die zuständigen Ausschüsse des EU-Parlaments den früheren Digital- und späteren Energiekommissar befragt. Gestern nun folgte die offizielle nachträgliche Zustimmung der Volksvertretung für den Ressortwechsel des 63-Jährigen.

Oettinger bringe die "nötige professionelle Erfahrung" für seine neuen Aufgaben mit, heißt es darin. Doch das Okay kam nicht ohne Dämpfer: Einige Mitglieder des Haushaltskontrollausschusses und des Rechtsausschusses drückten ihre "Sorge mit Blick auf die kontroversen Äußerungen des Kommissars und seinem leichtfertigen Umgang, wenn es um das Interagieren mit Lobbygruppen geht", aus. Oettinger entschuldigte sich erneut für seinen verbalen Fehltritt: "Es war und ist nicht meine Absicht, irgendjemanden mit Bemerkungen zu verletzen".

Im Oktober hatte er vor Hamburger Unternehmern abfällig über Chinesen, Homosexuelle und Frauen gesprochen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker übte schließlich Druck auf den Deutschen aus. Erst eine Woche später bat Oettinger schließlich um Verzeihung.

Vor den Ausschüssen bekräftigte er, dass er die "Ausdrücke von damals ausdrücklich" bedauere. Sozialdemokraten, Grüne und Linke ließen bereits am Dienstag durchblicken, dass sie den neuen Kommissar nicht für all seine Aufgabe unterstützten könnten. Oettinger solle deshalb nicht zum Vizepräsidenten erhoben werden, wie seine Vorgängerin Georgieva, die zur Weltbank wechselte. In dem gestrigen Schreiben drückten die drei Ausschüsse zudem ihre Sorge über "eine fehlende strategische Vision" im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Nicht-Diskriminierung und Gleichbehandlung aus. Man erwarte deshalb "ein starkes Engagement" des neuen Personalkommissars in diesem Bereich, hieß es in dem Brief an die Fraktionsvorsitzenden des Parlaments, die gestern an einer Endfassung für die Kommission arbeiteten. Diese dürfte deutlich abgemildert sein.

Auch der im November bekannt gewordene Skandal hing dem früheren Digitalkommissar nach. Damals stellte sich heraus, dass Oettinger bereits im Frühsommer mit dem deutschen Geschäftsmann Klaus Mangold , einem Kreml-nahen deutschen Lobbyisten , in dessen Privatjet nach Budapest geflogen war. Die Verteidigungsrede des Rechtsanwalts und heutigen Haushaltskommissars überzeugte bei den Abgeordneten aber nicht auf ganzer Linie. Die Affäre hinterließ einen faden Beigeschmack.

Im neuen Ressort dürfte Oettinger deutlich weniger mit Lobbyisten zu tun haben. Denn in den EU-Haushalt zahlen die Mitgliedstaaten ein; das Parlament entscheidet letztlich über dessen Höhe und Einteilung.

Meinung:

Nochmal davongekommen

Von SZ-Korrespondentin Mirjam Moll

Günther Oettinger ist noch einmal davongekommen. Die erwartete Kritik des Europäischen Parlaments fiel jedenfalls deutlich geringer aus, als es die scharfen Töne Anfang der Woche noch vermuten ließen. Darauf aber sollte sich der neue Haushalts- und Personalkommissar nicht ausruhen. In den kommenden Wochen und Monaten täte der Schwabe mit dem bisweilen etwas zu losen Mundwerk gut daran, nicht für neue Schlagzeilen zu sorgen - und stattdessen mit seiner Arbeit zu überzeugen. Nach den vergangenen Skandalen darf der Budgetkommissar davon ausgehen, dass ihm umso genauer auf die Finger geschaut wird - von außen wie von innen.

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