Berlusconis Anhänger drohen mit „Bürgerkrieg“

Rom · Sie drohen mit Rücktritt und einer „Art Bürgerkrieg“: Silvio Berlusconis Unterstützer gehen in die Offensive. Sie fordern von Staatspräsident Giorgio Napolitano eine Begnadigung für den Cavaliere.

Partei und Anhänger des wegen Steuerbetrugs zu einer Haftstrafe verurteilten Silvio Berlusconi gehen nun voll auf Konfrontationskurs. Sie drohen mit Neuwahlen oder gar mit Unruhen in Italien. "Entweder findet die Politik eine Lösung für Berlusconi oder es wird eine Art Bürgerkrieg geben", verkündete Sandro Bondi, Senator und Koordinator der Berlusconi-Partei Volk der Freiheit (PdL) am Wochenende.

Einen Tag nach dem Urteil des Kassationsgerichts hatten die PdL-Leute am Freitagabend beschlossen, dass Abgeordnete und Minister zurücktreten, falls Staatspräsident Giorgio Napolitano sich nicht zu einer Begnadigung durchringt. Als Alternative fordern sie eine Justizreform, die den 76-jährigen Berlusconi vor dem Hausarrest bewahrt und ihm die weitere politische Betätigung im Parlament erlaubt. "Wenn es darum geht, unsere Ideale zu verteidigen, sind wir zum Rücktritt bereit", sagte Angelino Alfano, PdL-Parteisekretär und Innenminister. Die PdL stellt fünf Minister, ihr Rückzug würde Neuwahlen unumgänglich machen.

Das Verhalten der Berlusconi-Partei ist als eindeutige Erpressung von Staatsoberhaupt Napolitano zu werten. Der 87-Jährige hat sich noch nicht persönlich geäußert. Aus dem Präsidentenpalast kam aber eine harsche Reaktion auf die Bürgerkriegs-Drohung: "Unverantwortlich" seien solche Aussagen, hieß es in einer Mitteilung. Der sozialdemokratische Regierungschef Enrico Letta, der bisher versucht hatte, die Wogen zu glätten, forderte, man solle bitte das Staatsoberhaupt aus dem Spiel lassen.

Dass Napolitano Berlusconi begnadigen könnte, ist kaum vorstellbar. Der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Ugo de Siervo, sagte der Zeitung "La Repubblica", das sei schon deshalb unmöglich, weil weitere Haftstrafen in erster Instanz gegen Berlusconi verhängt wurden, etwa im Ruby-Prozess. Ob sich die Lage weiter zuspitzt, hängt nun vor allem von Berlusconi selbst ab. Der Ex-Regierungschef und PdL-Führer, der sich als Opfer einer linken Justiz sieht, hatte im Vorfeld des Urteils beteuert, er werde die Regierung Letta weiter stützen. Inzwischen ist klar, dass er aufgrund der Haftstrafe sechs Jahre lang keine politischen Ämter bekleiden und nicht kandidieren darf. Auch musste er am Samstag seinen Pass abgeben.

Gestern Abend ließ er sich von etwa 1000 Teilnehmern einer Solidaritätskundgebung vor seinem Wohnsitz feiern. "Ich bin hier, ich bleibe hier, ich gebe nicht auf", rief er ihnen zu. Aber er sagte auch: "Niemand kann uns vorwerfen, wir seien unverantwortlich. Wir haben gesagt, dass die Regierung weiter ihren Weg gehen muss."

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