NSU-Prozess Berlin reagiert mit Erleichterung auf das Urteil

Berlin · Politiker warnen vor der Gefahr rechtsextremer Taten.

Erleichterung über die klare Verurteilung der Hauptangeklagten Beate Zschäpe, aber auch Nachdenklichkeit und die Forderung nach weiterer Aufklärung – so reagierte das politische Berlin auf den Ausgang des NSU-Prozesses.

„Was bleibt, ist das Entsetzen über die Morde und über das Unvermögen unseres Staates, diese Terroristen zu stoppen“, erklärte Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) per Twitter. Gegen rassistische Gewalt setze man nicht nur die Stärke des Rechts, sondern auch auf die „Kraft und Vielfalt unserer offenen Gesellschaften – überall in der Welt“, meinte Außenminister Heiko Maas (SPD).

Sein Kabinettskollege, Innenressort-Chef Horst Seehofer (CSU), erinnerte daran, dass die Ermittler einen rechtsextremistischen Hintergrund der insgesamt zehn Mordtaten des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) lange Zeit verkannt und stattdessen Angehörige der Opfer verdächtigt hatten. „Mein ganzer Respekt gilt der Kraft der Angehörigen der ermordeten Opfer und den zum Teil schwer verletzten Überlebenden des NSU“, sagte Seehofer. Das Urteil könne deren Schmerz aber nicht lindern. Sein Parteifreund, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, zeigte sich dagegen optimistisch: „Mit dem Urteil können die Menschen gut leben und stehen auch dahinter“. Das sei ein Signal auch an die Weltgemeinschaft, „dass bei uns alle, die sich so benehmen, hart bestraft werden.“

Bundestagsvize Petra Pau (Linke) sowie der Fraktionschef der Grünen, Anton Hofreiter, waren persönlich nach München gereist, um bei der Urteilsverkündung dabei zu sein. „Während wir hier stehen, ist die Gefahr von weiteren rechtsextremen Taten weiter relevant“, meinte Pau anschließend mit Verweis auf viele noch ungeklärte Umstände, unter denen das Terror-Trio jahrelang unbehelligt seine Blutspur ziehen konnte. Hof­reiter nannte in diesem Zusammenhang insbesondere die Rolle des Verfassungsschutzes. Diese Behörde habe „massenhaft Akten geschreddert“ und „in allen Untersuchungsausschüssen gemauert“, klagte der Grünen-Politiker. Deshalb sei der Verfassungsschutz auch „Teil des Problems und nicht Teil der Lösung“.

Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die NSU-Opfer, Barbara John, fand derweil anerkennende Worte für die Richter am Oberlandesgericht München: „Ich kann nur sagen, dass das Urteil dem entspricht, was die Familien erwartet und erhofft haben“. Ähnlich positiv äußerte sich der CDU-Innenexperte Armin Schuster: „Was Rechts­staat und Zivilgesellschaft zur Aufklärung beitragen können, wurde geleistet“. Auch der SPD-Innenexperte Uli Grötsch begrüßte das Urteil, mahnte aber: „Wir haben es mit einem gut organsierten Neonazi-Netzwerk zu tun, das immer noch im Untergrund agiert, und wir schließen nicht aus, dass sich eine Mordserie wie die des NSU jederzeit wiederholen könnte“.

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