Berlin kappt Macht kleiner Gewerkschaften

Berlin/Saarbrücken · Mini-Gewerkschaften wie die der Lokführer erzielen in Tarifkämpfen oft große Wirkung. Nun soll ihre Macht beschränkt werden. Doch schon jetzt zeichnen sich Klagen gegen das geplante Gesetz ab.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD ) will Tarifkämpfe kleiner Gewerkschaften per Gesetz eindämmen. Durch ihren gestern vorgestellten Entwurf sollten vor allem die Interessen der BelegschaftsMehrheit in einem Betrieb zur Geltung kommen, sagte Nahles. Sind mehrere Gewerkschaften in einem Betrieb vertreten, sollen die Arbeitnehmervertreter künftig zur Zusammenarbeit gedrängt werden. Wenn dies nicht gelingt, müsste ein unabhängiger Dritter - etwa ein Notar - die jeweiligen Mitgliederzahlen prüfen. Wer die meisten Mitarbeiter vertritt, leitet dann federführend die Tarifgespräche. Im Zweifel würden Arbeitsgerichte entscheiden, ob ein Streik kleiner Gewerkschaften rechtmäßig sei, sagte Nahles. Das grundgesetzlich garantierte Streikrecht "bleibt aber unangetastet".

Bei Gewerkschaften stießen die Pläne auf scharfe Kritik. Die Pilotenvereinigung Cockpit warf der Bundesregierung vor, sie wolle kleinen Organisationen durch einen "Verfassungsbruch mit Ansage" grundgesetzlich garantierte Rechte entziehen. Der dbb Beamtenbund und Tarifunion warf Nahles politische Feigheit vor. Sie verberge die Absicht, Streikrechte zu begrenzen. Ebenso wie der dbb geht auch die Ärztevertretung Marburger Bund davon aus, dass beim ersten Streitfall das Bundesverfassungsgericht angerufen werde.

Saarländische Gewerkschafter sehen den Entwurf ebenfalls skeptisch. Eugen Roth , Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Saar, pocht auf ein Gesetz, das "verfassungskonform ist und nicht am Streikrecht kratzt". Es dürfe auch nicht dazu dienen, "mit der Knute auf kleinere Gewerkschaften loszugehen", sagte Roth auf Anfrage. Adalbert Ewen, Bundesvorsitzender der Christlichen Gewerkschaft Metall, lehnt ein Tarifeinheitsgesetz ab. Kleine Gewerkschaften könnten sonst "eigene Forderungen nicht mehr durchsetzen, die sie für ihre Mitglieder als sinnvoll erachten", sagte er zur SZ . > , A 4: Meinung

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