Berlin „entsetzt“ über neuen Spionage-Fall

Berlin · Die Freundschaft zwischen Deutschland und den USA steht vor einer weiteren Belastungsprobe: Jetzt wird auch das Verteidigungsministerium von einem möglichen Spionage-Fall erschüttert.

Der Skandal um die Aktivitäten der US-Geheimdienste auf deutschem Boden nimmt immer größere Ausmaße an. Die Bundesanwaltschaft ermittelt jetzt auch gegen einen mutmaßlichen Spitzel im Verteidigungsministerium. Der Mann wirkte offenbar an der Vorbereitung sicherheitspolitischer Richtungsentscheidungen mit. Ein Haftbefehl wurde zunächst nicht ausgestellt, weil es bisher nur Indizien für seine Agententätigkeit gibt. "Wir nehmen den Fall sehr ernst", sagte gestern aber ein Sprecher von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU ).

Seit einer Woche sitzt bereits ein Beamter des Bundesnachrichtendienstes in Untersuchungshaft, weil er die Amerikaner gegen Bezahlung mit geheimen Informationen versorgt haben soll. Die Affäre wird zunehmend auch für Kanzlerin Angela Merkel (CDU ) zum schweren Problem. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach erstmals von "tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten". In Berlin wird nun intensiv über Gegenmaßnahmen nachgedacht, bis hin zur Ausweisung von US-Botschaftsmitarbeitern.

Zwischen beiden Ländern knirscht es nach den Enthüllungen über den Geheimdienst NSA bereits seit einem Jahr. Die USA haben immer wieder beteuert, den Beziehungen nicht schaden zu wollen. Jedoch schwindet die Bereitschaft, dies zu glauben. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi zeigte sich gestern "entsetzt" und forderte die USA auf, sofort alle Spähaktivitäten einzustellen. "Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, ist das Maß endgültig voll", sagte sie. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprach von einem "entwürdigenden Schauspiel", wenn die US-Geheimdienste wochenweise beim Spionieren erwischt werden.

Auch die Opposition reagierte empört. "Mit dem zweiten Spionagefall wird die zaudernde Bundesregierung förmlich vorgeführt", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Linken-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht erklärte, die von der Regierung zur Schau gestellte "Naivität" sei als Reaktion auf die ausufernde Spionageaffäre "an Hilflosigkeit nicht zu überbieten". > , Meinung

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