Beim Rosé sehen Europas Winzer rot

Paris/Brüssel. Für die Liebhaber eines guten Glases "Weißherbst" oder "Côtes du Provence" ist Brüssels neuester Reben-Vorstoß ein Sündenfall erster Güte: Rosé-Wein, gewonnen durch das Zusammenschütten von weißem und roten Rebensaft. Genau das will die EU-Kommission künftig erlauben. Angeblich um die Winzer zu schützen, doch die sehen das anders

Paris/Brüssel. Für die Liebhaber eines guten Glases "Weißherbst" oder "Côtes du Provence" ist Brüssels neuester Reben-Vorstoß ein Sündenfall erster Güte: Rosé-Wein, gewonnen durch das Zusammenschütten von weißem und roten Rebensaft. Genau das will die EU-Kommission künftig erlauben. Angeblich um die Winzer zu schützen, doch die sehen das anders. In Frankreichs klassischen Rosé-Wein-Gebieten kocht die Wut langsam hoch. "So ein Verschnitt ist rosafarben, aber kein Rosé", poltert François Millo vom mächtigen Verband der Provence-Winzer CIVP. Und auch in Deutschland, wo manche Spätburgunder-Traube als Weißherbst ihre Genießer findet, hat sich der Weinbauernverband in Schussposition gebracht. "Wenn Brüssel den einfachen Verschnitt erlaubt, stehen unsere Weine einer noch schärferen Konkurrenz gegenüber", prophezeit Rechtsexperte Achim Blau. Im Rahmen ihrer so genannten Qualitätsoffensive hat die Kommission dem billigen Tafelwein den Kampf angesagt. EU-Tropfen sollen im weltweiten Wettbewerb durch hohe Qualität bestehen. Deshalb setzt man auf das Premium-Produkt, den Prädikatswein. In der preiswerten Klasse darunter aber wolle und könne man die Rosé-Konkurrenz aus Australien und Südafrika nicht an die EU-Anforderungen binden und dürfe deren Erzeugnissen nicht den Markt versperren. Das habe zur Folge, erklärt Michael Mann, Sprecher von EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel, dass man auch in Europa das Verschneiden erlauben müsse, was in Übersee längst praktiziert werde. Üblicherweise wird der Rosé in einem sehr aufwändigen Verfahren hergestellt. Die Färbung entsteht, weil die dunklen Traubenhäute vor der Gärung entfernt werden. Die Kunst liegt darin, die Maische aus gepressten Beeren rechtzeitig abzuziehen - oft eine Frage von Stunden. Die EU-Kommission hatte diese Öffnung des Marktes für den Rosé Ende Januar vorgeschlagen und den Vorschlag an die Welthandelsorganisation geschickt. Mitte April läuft dort die Einspruchsfrist aus. Jetzt rumort es. Auch in Deutschland, wo der Rosé eher ein bescheidenes Dasein fristet. "Trotzdem ist es erbärmlich, wie in der Kommission und den dafür verantwortlichen Ausschüssen mit den Interessen der Winzer umgegangen wird", sagt Christa Klaß, CDU-Europa-Abgeordnete und selbst Winzerin an der Mosel. "Erst die neuen Regeln für die Süßung, dann die Bereinigung der Rebflächen, nun erlaubt man, was den Rosé-Wein entstellt - das hat mit Qualität nichts mehr zu tun." Die Liebhaber sind sich nämlich einig, dass der im Verhältnis vier zu eins aus Weiß- und Rotwein hergestellte Traubensaft dem Original-Rosé zwar gleicht, aber nicht annähernd so gut schmeckt. Ein massiver Verlust an Niveau also, ganz zu schweigen von den rund 10 000 Arbeitsplätzen, um die die französischen Winzer fürchten. Dass sich Staatspräsident Nicolas Sarkozy bislang nicht in den wachsenden Unmut einschaltete, hat nach Ansicht der Winzer einen einfachen Grund: "Wir haben einen Präsidenten, der keinen Wein, sondern lieber Bier trinkt."

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