Miese Umfragewerte Bei der CSU ertönt jetzt das Pfeifen im Walde

MÜNCHEN Was ist nur mit der CSU los? Die Partei, deren Anspruch „50 Prozent plus X“ von Horst Seehofer vor Jahren als zu wenig ambitioniert in Frage gestellt wurde, dümpelt im Demoskopie-Loch.

Umfragen verorten sie derzeit bei 40 Prozent minus X und haben den immer noch neuen Ministerpräsidenten und Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 14. Oktober Markus Söder als den unbeliebtesten aller Länderchefs identifiziert.

Er lasse sich doch wegen ein paar Umfragen nicht nervös machen, ließ CSU-Generalsekretär Markus Blume wissen, und Parteichef Seehofer bezeichnete die CSU als „gut drauf und hoch motiviert“. Doch das klingt eher nach Pfeifen im Walde. Tatsächlich wächst die Unruhe in der Partei mit jeder Umfrage-Klatsche. Der reichlich unsouveräne und von wenig Gelassenheit zeugende Umgang der CSU-Führung mit der Großdemonstration „Ausgehetzt“ vor wenigen Wochen sowie mit der „Union der Mitte“ sind deutliche Zeichen.

Trost für die CSU kommt unter anderem von der Direktorin der Akademie für Politische Bildung Ursula Münch. Umfragen seien Moment­aufnahmen und auch bei anderen Parteien habe das Wahlergebnis schon oft ganz anders ausgesehen als die Umfrage wenige Monate vorher. Es könnte also auch noch viel schlimmer kommen.

In einem sind sich aber alle Beobachter einig: Der heftige Streit mit der Schwesterpartei CDU und Kanzlerin Angela Merkel um die Asylpolitik hat der CSU nichts gebracht. Der CDU auch nicht. Die Umfragen lassen vielmehr einen erheblichen Schaden besonders bei der CSU vermuten. „Streit hat Politikern und Parteien immer geschadet“, meinen unisono Münchens zweiter Bürgermeister Josef Schmid (CSU) und der Politikwissenschaftler und CSU-Kenner Heinrich Oberreuter. Die Wähler empfänden jetzt außerdem die Verantwortlichen erst recht als entscheidungs- und handlungsunfähig.

Für Ministerpräsident Söder geht es am 14. Oktober um viel. Würde er die 43 Prozent erreichen, die als Ergebnis der Landtagswahl 2008 den damaligen Ministerpräsidenten Günther Beckstein und Parteichef Erwin Huber zum Rücktritt zwangen, würde er das wahrscheinlich als Erfolg verkaufen. Das Ganze sei „nur eine Stimmungsdelle“, meinte Söder unlängst. Er wolle jetzt nur noch „Landespolitik pur“ machen und – wie originell – die Stärken Bayerns herausstellen.

Obwohl Söder sich mit maximalem Tempo durch den Flächenstaat katapultiert, überall Steuergelder verteilt und alle Liebenswürdigkeitsrekorde bricht – nur noch die Hälfte der Bayern ist angeblich mit der Regierungsarbeit zufrieden. Tendenz sinkend.

Woher kommt‘s? Vielleicht daher, dass die Menschen die Nase voll haben vom „Demoskopie geleiteten Opportunismus“ (Jürgen Habermas)? An der Hinwendung zum Unchristlichen, wie der ehemalige mittelfränkische CSU-Bundestagsabgeordnete Josef Göppel meint, an der Förderung von „Spaltung, Unruhe, Gegeneinander“, wie Kardinal Reinhard Marx bemängelte? Oder gar an einem „Persönlichkeitsdefizit“ von Parteichef Seehofer, wie der ehemalige Schweinfurt Landrat Harald Leitherer seinen Parteiaustritt unter anderem begründete?

Es ist wohl ein Mix aus allem, was der CSU zu schaffen macht. Jedenfalls sollte Söder nicht glauben, das Ruder noch herumwerfen zu können, meint der Politikwissenschaftler Oberreuter: „Eine Strategie, um sich in drei Monaten auf 44 oder 45 Prozent zu hieven, die es für eine Mehrheit der Landtagsmandate bräuchte, sehe ich nicht.“ Die Glaubwürdigkeit des politischen Personals sei ohnehin arg strapaziert. Mit einem neuen Kurswechsel etwa in Gestalt eines neuen Schulterschlusses mit Kanzlerin Merkel „tappt man nur in die nächste Falle“.

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