Bayern will Gewahrsam bis auf ein Jahr verlängern

München · Die bayerische Landesregierung will Extremisten und Gefährder bald mit elektronischen Fußfesseln überwachen. In einem Gesetzentwurf "zur effektiveren Überwachung gefährlicher Personen" verbirgt sich allerdings politischer und verfassungsrechtlicher Sprengstoff. So genannte "Gefährder" sollen in Bayern in Zukunft nämlich bis zu einem Jahr in "Unterbindungsgewahrsam" genommen werden können. Das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) soll entsprechend geändert werden. In Artikel 20 Nr. 3 Satz 2 solle aber lediglich der zweite Halbsatz "sie darf nicht mehr als zwei Wochen betragen" gestrichen werden, heißt es in dem Entwurf. Nach den Verweisungen auf das Gesetz über Verfahren in Familiensachen (FamFG) bedeutet dies: Durch richterliche Entscheidung kann ein Gefährder bis zu einem Jahr festgehalten werden. Der Richter muss die Dauer der Präventivhaft festlegen. Gegen eine solche richterliche Entscheidung sind freilich Rechtsmittel zulässig.

"Die CSU plant einen Anschlag auf unser Grundgesetz", kritisierte die Vorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, Katharina Schulze. Zum Faschingsfinale gehe Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) "als Erdogan und verabschiedet sich von rechtsstaatlichen Grundsätzen". Schulze zeigte sich überzeugt: "Die Gerichte werden diesen ,Aschermittwochs-Knallfrosch' wieder einkassieren.". Doch die Juristen der Staatsregierung sind sich ebenfalls sicher: Die bisherige absolute gesetzliche Obergrenze für die richterlich festzusetzende Höchstdauer einer Freiheitsentziehung von derzeit 14 Tage sei verfassungsrechtlich "nicht geboten". In Bayern solle zukünftig die Möglichkeit längerer Präventivhaft "im begründeten Einzelfall nicht von vornherein ausgeschlossen" sein.

Gerichtet ist die Ausweitung des polizeilichen Instrumentariums gegen potentielle Terroristen wie den Berliner Attentäter Anis Amri. Offenbar ist die Zahl solcher Gefährder in Bayern aber kleiner als bisher angenommen. Nach den Zahlen des Innenministeriums fallen weniger als 40 Personen in die Kategorie "Gefährder" - und nur ein Teil befindet sich auf freiem Fuß.

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