Bayern bekommt ein Reinheitsgebot für die Luft in Wirtshäusern

München. Ziemlich genau um 19 Uhr entschieden sich die Initiatoren des Volksbegehrens "Für einen echten Nichtraucherschutz" zur Aufstellung für ein Jubelfoto. Bis dahin stand das Ergebnis des Volksentscheids zwar nur in einer Handvoll bayerischer Wahlkreise fest, aber es deutete sich bereits ein Erdrutsch-Sieg des Nichtraucher-Bündnisses an

 In Bayerns Gaststätten ist Rauchen künftig verboten. Foto: dpa

In Bayerns Gaststätten ist Rauchen künftig verboten. Foto: dpa

München. Ziemlich genau um 19 Uhr entschieden sich die Initiatoren des Volksbegehrens "Für einen echten Nichtraucherschutz" zur Aufstellung für ein Jubelfoto. Bis dahin stand das Ergebnis des Volksentscheids zwar nur in einer Handvoll bayerischer Wahlkreise fest, aber es deutete sich bereits ein Erdrutsch-Sieg des Nichtraucher-Bündnisses an. Am Ende stand fest: Satte 61 Prozent stimmten dafür, dass in Bayern ab 1. August das schärfste Nichtraucherschutzgesetz Deutschlands gelten wird. Sogar in München, wo die Oktoberfestwirte massiv Front gegen eine "rauchfreie Wies'n" gemacht hatten, votierten 61 Prozent der Wähler für eine Verbannung des blauen Dunstes aus sämtlichen gastronomischen Betrieben.

Die bayerischen Wähler hatten offensichtlich die Nase voll vom Hin und Her um ein Rauchverbot in der Gastronomie. Mit unerwartet klarer Mehrheit kippten sie die von der schwarz-gelben Staatsregierung unter Horst Seehofer (CSU) im vergangenen Jahr in Gang gesetzte "Liberalisierung", wonach in kleinen Kneipen, abgeschlossenen Hinterzimmern und Festzelten wieder geraucht werden durfte. "Das ist eine sehr klare Ansage", sagte SPD-Landesgeneralsekretärin Natascha Kohnen. "Ein bisschen Ja und ein bisschen Nein funktioniert nicht."

Der Organisator des Volksbegehrens, Sebastian Frankenberger, frohlockte: "Ein Jahr nach der Verweichlichung werden wir das gute alte CSU-Gesetz wieder haben." Er spielt damit auf die Tatsache an, dass der Gesetzentwurf, dem die Initiative jetzt zum Erfolg verholfen hat, ziemlich genau dem entspricht, mit dem die CSU vor drei Jahren angefangen hatte. Der Freistaat verfüge damit auch über ein "Reinheitsgebot für die Wirtshausluft". Der junge Landesgeschäftsführer der im Landtag gar nicht vertretenen Ökologisch-Demokratischen Partei war der Star des Abends. Jetzt aber werde er sich wieder aus der Politik zurückziehen, weil er "dringend mal wieder Geld verdienen" müsse.

Für SPD und Grüne, die das Volksbegehren unterstützt hatten, war es wie eine kleine gewonnene Landtagswahl. CSU-Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer hatte wieder einmal politischen Instinkt bewiesen, als er vor der Abstimmung verkündete, die CSU werde sich aus dem "Wahlkampf" um den blauen Dunst heraushalten. Der kleinere Koalitionspartner FDP aber machte Stimmung für eine "liberale" Raucherschutzregelung - und fiel damit voll auf die Nase. Der "Missbrauch des Freiheitsbegriffs", sagte SPD-Generalsekretärin Kohnen, sei für sie das Ärgerlichste an der Kampagne der Gegenseite "Bayern sagt Nein" gewesen.

Das klare Votum der bayerischen Bevölkerung wird Kreise ziehen. Interessierte Beobachterin der Sieger-Party im Münchener Stadtteil Sendling war Martina Schulz von dem Berliner "Bündnis Gute Luft". In der Bundeshauptstadt werde es jetzt eine Volksinitiative mit demselben Ziel geben, kündigte sie an. Bayern sei immerhin eines der größten Bundesländer in der Bundesrepublik, sagte die Landesvorsitzende der Grünen, Theresa Schopper. Andere Länder könnten sich "an den Bayern ein Beispiel nehmen".

Meinung

Ein kompromissloses Signal

Von SZ-Mitarbeiter

Ralf Müller

Man weiß, dass die Bayern bei Volksentscheiden gerne Klatschen an die Mächtigen verteilen. Diesmal waren neben den Regierenden auch die Tabak-Lobby und Wirte dran. Obwohl die Wirte das Ende des gastronomischen Abendlandes an die Wand malten, wenn das Rauchen ausnahmslos aus den Wirtszimmern verbannt werden sollte, stimmte das Volk mit großer Mehrheit für eine radikale Lösung: kein Glimmstängel nirgends und zu keiner Zeit. Auch nicht auf dem Oktoberfest in München.

Das bayerische Votum ist aber auch eine Klatsche für die in Bayern regierenden Parteien CSU und FDP. Die ganze Rest-Republik, aber auch Österreich, blickten gestern gespannt nach Bayern. Jetzt geht von München das Signal aus, dass eine Mehrheit der Wähler einen kompromisslosen klaren Nichtraucherschutz wünscht. Das sollte und wird auch woanders seine Wirkung nicht verfehlen.

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