Baustelle Bundeswehr: Wackliges Reformgerüst statt "bestelltes Haus"

Berlin. Nichts überstürzen - das war das erste Signal, das der neue Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) in die Truppe sendete. Die Bundeswehrreform werde "konsequent" fortgesetzt, aber erst nach einer "gründlichen Lagefeststellung", erklärte er zu seinem Amtsantritt in der vergangenen Woche

 Die Bundeswehr wirbt mit einem großformatigen Plakat am Verteidigungsministerium. Foto: dpa

Die Bundeswehr wirbt mit einem großformatigen Plakat am Verteidigungsministerium. Foto: dpa

Berlin. Nichts überstürzen - das war das erste Signal, das der neue Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) in die Truppe sendete. Die Bundeswehrreform werde "konsequent" fortgesetzt, aber erst nach einer "gründlichen Lagefeststellung", erklärte er zu seinem Amtsantritt in der vergangenen Woche. Am Donnerstag wird de Maizière seinen Vorgänger mit einem Großen Zapfenstreich auf dem Paradeplatz des Bendlerblocks verabschieden. Damit ist die Ära von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im Verteidigungsressort endgültig vorbei. Der neue Minister muss danach zumindest in einigen Bereichen relativ bald Nägel mit Köpfen machen.Guttenberg hinterlässt de Maizière nämlich kein "bestelltes Haus" - wie er in seiner Rücktrittsrede sagte -, sondern ein wackliges Reformgerüst. Drei Pflöcke hat er allerdings relativ fest eingerammt: Aussetzung der Wehrpflicht, Sparvolumen von 8,3 Milliarden Euro bis 2014 und Truppenstärke bis zu 185 000 Soldaten. Diese drei Vorgaben sind bereits vom Kabinett beschlossen worden. Das Problem: Zwei davon passen inzwischen nicht mehr zusammen. Das Sparvolumen von 8,3 Milliarden Euro lässt sich nicht realisieren, wenn die Truppe von 235 000 nur auf 185 000 Soldaten verkleinert wird. Guttenberg hatte 163 500 Soldaten als Untergrenze für die Truppenstärke genannt. Das wäre billiger geworden. Die Koalition wollte es aber anders. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat kurz vor Guttenbergs Rücktritt Kompromissbereitschaft erkennen lassen und eine Streckung des Spardiktats um ein Jahr angeboten. Die FDP will da nicht mitmachen. Bis nächste Woche muss geklärt werden, was aus dem Sparbonus für das Verteidigungsressort wird. Dann entscheidet das Kabinett über den Etatrahmen.

Der dritte Guttenbergsche Reformpfeiler, die Aussetzung der Wehrpflicht, ist im Unterschied zu den anderen beiden unverrückbar. Am 3. Januar wurden die letzten jungen Männer gegen ihren Willen zum Dienst an der Waffe verpflichtet. Die Folgen sind bereits spürbar. Am 1. März traten 1255 Freiwillige ihren Dienst an, für den 1. April haben sich erst 900 Männer gemeldet. Das ist zu wenig, um auf die Zielgröße von 12 000 Soldaten im Jahr zu kommen.

Ein Grund für die Probleme bei der Freiwilligenwerbung ist, dass die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, bevor das Gesetz darüber in Kraft getreten ist. Erst ab 1. Juli sollen die Vergünstigungen für den neuen Freiwilligendienst gelten. Während ein Wehrdienstleistender heute nur 378 Euro im Monat verdient, sollen es künftig für den zwölf- bis 23-monatigen Freiwilligendienst 777 bis 1100 Euro sein. Hinzu kommen weitere Leistungen wie Unterkunft, Verpflegung, ärztliche Versorgung oder Sozialversicherungsbeiträge. Bei den Zeitsoldaten läuft die Rekrutierung besser. 42 Prozent des Bedarfs seien für dieses Jahr schon gedeckt, heißt es im Ministerium. Trotzdem hat der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Werner Freers, bereits Alarm geschlagen. "Im Übergang zur neuen Struktur werden wir große Lücken im Personalkörper hinnehmen müssen, die uns langjährig begleiten und nicht auszugleichen sein werden", heißt es in einem Brandbrief von Freers an den Generalinspekteur. Die Nachwuchswerbung wird also wohl eine der ersten Aufgaben sein, die de Maizière angehen muss.

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