Auszeichung für Amerikas Staatsfeind

Stockholm · Er brachte eine der größten Geheimdienstaffären der vergangenen Jahre ins Rollen. Jetzt bekommt der umstrittene Informant Edward Snowden den Alternativen Nobelpreis. Diese Wahl löst einige Aufregung aus.

Seit 1995 werden die Preisträger der Alternativen Nobelpreise jedes Jahr in Räumen des schwedischen Außenministeriums verkündet. Nur diesmal nicht. Die vergebende Stiftung bekam nach eigenen Angaben spontan eine Absage, nachdem sie das Ministerium über die Preisträger informiert hatte. Unter ihnen: der umstrittene NSA-Enthüller Edward Snowden .

"Preis an Snowden zuviel für Außenministerium", titelten schwedische Zeitungen gestern prompt auf ihren Online-Seiten. Einem Sprecher von Außenminister Carl Bildt zufolge sind dagegen neue Sicherheitsbestimmungen seit dem 1. September der Grund, dass die Bekanntgabe nicht wie gewohnt im Ministerium über die Bühne gehen konnte.

"Wir haben das Außenministerium am vergangenen Donnerstag informiert, wer die Preisträger sind und sie haben uns gestern gesagt, dass sie uns den Presseraum nicht für die Bekanntgabe zur Verfügung stellen können", sagte Ole von Uexküll gestern. Den Direktor der Right-Livelihood-Award-Stiftung, die den Preis vergibt, wundert die Aufregung um die Vergabe an Snowden. "Es ist interessant, dass das als kontrovers angesehen wird, denn was er getan hat, unterscheidet sich nicht von dem, was andere Preisträger getan haben: Sie haben illegale Praktiken in ihren Ländern enthüllt", sagte von Uexküll. "Der einzige Unterschied ist, dass die Regierung in seiner Heimat große Macht besitzt." In den USA gilt Snowden als Verräter, seit er 2013 die Überwachungspraktiken des US-Geheimdienstes enthüllte

Snowden wolle "liebend gern" zur Preisverleihung im Dezember nach Schweden kommen, sagte von Uexküll. Das will der Stiftungsdirektor dem Whistleblower, der sich im russischen Zwangsexil aufhält, jetzt mit juristischer Hilfe möglich machen. Auch für den Fall, dass Snowden in seiner Heimat USA irgendwann vor Gericht komme, hat die Stiftung ihm finanzielle Unterstützung zugesagt.

Snowden ist auch für den Friedensnobelpreis nominiert. Er habe sehr effektiv gezeigt, dass jeder ständig damit rechnen müsse, überwacht zu werden, sagte der Direktor des Friedensforschungsinstituts PRIO in Oslo, Kristian Berg Harpviken. Anders als der Wikileaks-Gründer Julian Assange oder die US-Soldatin und Informantin Chelsea Manning habe er "eine andere Ebene der Reflexion" bewiesen. Auch für den Friedensnobelpreis sei er deshalb ein kontroverser, aber interessanter Kandidat.

Die Right-Livelihood-Award-Stiftung ehrt außer Snowden die pakistanische Anwältin Asma Jahangir und Basil Fernando von der asiatischen Menschenrechtskommission für ihren Kampf für Menschenrechte sowie den US-amerikanischen Umweltaktivisten Bill McKnibben. Sie bekommen umgerechnet 55 000 Euro.

Zum Thema:

HintergrundDie Opposition im Bundestag will per Verfassungsklage eine Vernehmung des US-Geheimdienstenthüllers Edward Snowden vor dem NSA-Untersuchungsausschuss in Berlin erreichen. Details dazu wollen Linke und Grüne morgen vorstellen. Union und SPD hatten vor zwei Wochen mit ihrer Mehrheit im Ausschuss beschlossen, dass Snowden an seinem Zufluchtsort in Moskau angehört werden soll. dpa

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