Außer Spesen nichts gewesen?

Rio de Janeiro. Die 17-jährige Brittany Trilford hatte den Weltenlenkern zu Beginn des Gipfels eine klare Ansage gemacht: "Ich stehe hier mit Feuer im Herzen. Ich bin verwirrt und verärgert über den Zustand der Welt

 Greenpeace-Aktivisten demonstrieren gegen die Ergebnisse des Gipfels Rio+20.Foto: dpa

Greenpeace-Aktivisten demonstrieren gegen die Ergebnisse des Gipfels Rio+20.Foto: dpa

Rio de Janeiro. Die 17-jährige Brittany Trilford hatte den Weltenlenkern zu Beginn des Gipfels eine klare Ansage gemacht: "Ich stehe hier mit Feuer im Herzen. Ich bin verwirrt und verärgert über den Zustand der Welt. Wir sind hier, um die von uns allen verursachten Probleme zu lösen", so stimmte die Schülerin aus Neuseeland die über 100 Staats- und Regierungschefs auf den Rio+20-Gipfel ein. Heraus kam aber nur ein Kompromiss auf kleinstem gemeinsamem Nenner - niemand kann zufrieden sein. Das Ergebnis ist eine Erklärung mit dem Titel "Die Zukunft, die wir wollen". Kernpunkte sind die Aufwertung des UN-Umweltprogramms (UNEP), die Ausformulierung von Nachhaltigkeitszielen bis 2015 und ein klares Bekenntnis zu ressourcenschonendem Wirtschaften (Green Economy). Doch die meisten Teilnehmer der Konferenz zur nachhaltigen Entwicklung waren sich einig, dass Rio diese Zukunft zwar erahnen ließ, die Konferenz aber nur einen ganz zaghaften Schritt hin zu diesem Ziel brachte."Es wurde die einmalige Chance vergeben, einen Meilenstein für nachhaltige Entwicklung zu setzen", resümierte der saarländische SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen. Die Europäer sprachen unisono von einem "Schritt in die richtige Richtung". Leinen wertete dies anders: "Die Staats- und Regierungschefs machen in Rio gute Miene zum bösen Spiel." Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war gar nicht in die Stadt am Zuckerhut gereist. Der Gipfel war eigentlich schon Dienstagfrüh vorbei, noch bevor er am Mittwoch eröffnet wurde. Der Abschlusstext stand, die brasilianische Konferenzpräsidentschaft drückte ihn rigoros in einer Nachtsitzung durch. An dem Text änderte sich in den drei Gipfeltagen wenig. "Die Besteigung des Rio+20-Gipfels in Brasilien endet im Basislager", meinte WWF-Experte Alois Vedder. "Das Ergebnis ist Lichtjahre entfernt von dem, was die Erde und die Menschheit braucht."

Vielleicht lag es auch an einer allgemeinen Gipfelmüdigkeit. Ein EU-Gipfel jagt den nächsten, und erst einen Tag vor Rio+20 war in Los Cabos in Mexiko der G20-Gipfel zu Ende gegangen. "Möglicherweise sind solche Mammutveranstaltungen einfach nicht mehr zeitgerecht", sagte ein Delegierter, der sich wunderte, warum eigentlich über 100 Staats- und Regierungschefs nach Brasilien kamen, wenn der Text de facto schon ausverhandelt war. Auch Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sah Gesprächsbedarf über das "Format solche Mega-Konferenzen".

Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), der in Rio die Verhandlungen für Deutschland leitete, verteidigte den Kompromiss, auch wenn er - wie alle in Rio - sich bessere Ergebnisse gewünscht hätte. Nicht alle "hochfliegenden Erwartungen" seien erfüllt worden, sagte der Saarländer. Doch weder die Europäer noch die Entwicklungsländer wollten die Verhandlungen in den vergangenen drei Tagen wieder aufmachen. Die Gründe waren vor allem strategischer Natur. Denn wer das Paket aufschnürt, musste befürchten, dass andere dies ebenfalls tun und so der mühsam erreichte Mindestkompromiss ins Wanken gerät.

Hintergrund

Die Ergebnisse des Rio-Gipfels: "Green Economy" wird als eines der wichtigen verfügbaren Instrumente im Kontext von nachhaltiger Entwicklung und Armutsbekämpfung gewertet. Es soll eine Option sein, kein rigides Regelwerk. Nachhaltigkeitsziele sollen ab 2015 Fortschritte oder Rückschläge messbar machen. Armutsbekämpfung soll die höchste Priorität bei den Vereinten Nationen bekommen. In der UN soll ein hochrangiges politisches Forum die als zahnlos geltende Kommission für nachhaltige Entwicklung allmählich ablösen. Energie werten die Staaten als Schlüssel zur Bekämpfung der Armut. Der Anteil erneuerbarer Quellen soll erhöht und die Initiative "Energie für alle" unterstützt werden. epd

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