Außenminister Westerwelle auf "Familienausflug" am Bosporus

Istanbul. Verbindlich lächelnd und entspannt treten Bundesaußenminister Guido Westerwelle (Foto: afp) und sein türkischer Amtskollege Ahmet Davutoglu in Istanbul vor die Presse. Sie reden viel von gemeinsamen strategischen Interessen und von Freundschaft

Istanbul. Verbindlich lächelnd und entspannt treten Bundesaußenminister Guido Westerwelle (Foto: afp) und sein türkischer Amtskollege Ahmet Davutoglu in Istanbul vor die Presse. Sie reden viel von gemeinsamen strategischen Interessen und von Freundschaft. Doch eigentlich klingt es eher so, als seien Deutschland und die Türkei nicht Freunde, sondern Geschwister: Ihre Schicksale sind durch die 3,5 Millionen in Deutschland lebenden Türken so eng miteinander verwoben, dass sie kaum eine andere Wahl haben, als sich nach jedem Streit wieder zusammenzuraufen. "Der Erfolg Deutschlands ist unser Erfolg", sagt Davutoglu und fügt lächelnd hinzu, dies gelte nicht nur für "den türkischen Fußballer, der in der deutschen Nationalmannschaft spielt".Westerwelle hat mit dem neuen Selbstbewusstsein, das die Türkei durch ihre neue Rolle als Vermittler in Nahost und Zentralasien gewonnen hat, kein Problem. Im Gegenteil: Während in Berlin und Brüssel diskutiert wird, ob die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ihren Platz in Europa wohl bald gegen das Dirigentenpult im Orchester der islamischen Staaten eintauschen wird, lobt der FDP-Minister die außenpolitischen Ambitionen Ankaras. Sowohl im Atomstreit mit dem Iran als auch bei der Beilegung der Spannungen zwischen Syrien und dem Libanon hätten die Türken gute Arbeit geleistet, sagt er.Dass der deutsche Minister in der Frage, ob die Türkei Vollmitglied der Europäischen Union werden kann, wenig anzubieten hat, nimmt ihm Davutoglu nicht übel. Er kennt wohl die Empfindlichkeiten in der schwarz-gelben Koalition: Westerwelle will die Türkei zwar eng an Europa binden, jedoch nicht zwangsläufig als EU-Mitglied. "Wir haben ein großes Interesse daran, dass sich ein strategisch so wichtiger Partner wie die Türkei in Richtung Europa orientiert", sagt der Außenminister. Deutschland habe "ein besonderes Interesse" an einer "Anbindung des Landes an die EU."Die EU verhandelt seit 2005 mit Ankara über einen Beitritt, die Gespräche gehen aber nur schleppend voran. Hauptgrund für die Verzögerungen ist der ungelöste Streit mit der griechischen Republik Zypern. Berlin und Paris sind die beiden Hauptgegner einer EU-Mitgliedschaft des muslimisch geprägten Landes. Sie plädieren stattdessen für eine "privilegierte Partnerschaft", was Westerwelle in Istanbul erneut unterstreicht.Ein EU-Beitritt der Türkei wird etwa von Großbritannien gefordert. Premierminister David Cameron, der zu Wochenbeginn in Ankara war, hatte sich "verärgert" über die schleppenden Verhandlungen gezeigt und indirekt auch Berlin und Paris kritisiert.Grünen-Chefin Claudia Roth warf Westerwelle vor, mit der Verwendung der Bezeichnung "strategische Partnerschaft" für das Verhältnis Ankaras zur EU sei er vor Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "eingeknickt". Westerwelle sei "nicht in der Lage, eigene Akzente zu setzen", erklärte Roth. Er vergebe mit seiner ablehnenden Haltung zu einem EU-Beitritt die "Chancen für Sicherheit und Menschenrechte, für Integration und bessere wirtschaftliche Zusammenarbeit", die in einer Mitgliedschaft der Türkei lägen. dpa/afp

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