Gelbwesten „Kriegsszenen“ auf den Straßen von Paris

Paris · Die französische Hauptstadt erlebt die gewalttätigsten Proteste seit Jahrzehnten. Die Regierung schließt die Verhängung des Ausnahmezustands nicht mehr aus.

 Demonstranten in gelben Warnwesten am Pariser Triumphbogen. Von dort aus breitete sich eine Schneise der Verwüstung aus.

Demonstranten in gelben Warnwesten am Pariser Triumphbogen. Von dort aus breitete sich eine Schneise der Verwüstung aus.

Foto: AP/Thibault Camus

Es war, als habe eine gewalttätige Stadtguerilla vom Herzen von Paris Besitz ergriffen. Hunderte vermummte Gelbwesten plünderten am Samstag Geschäfte, griffen Polizisten an und steckten dutzende Autos in Brand. Im Zentrum der Aggression, die nur noch wenig mit der Bewegung gegen Benzinpreiserhöhungen zu tun hatte, stand der Triumphbogen, den die Randalierer verwüsteten. Präsident Emmanuel Macron besuchte das Wahrzeichen gestern und wurde dort mit Pfiffen empfangen.

Die gewalttätigen Demonstranten hatten 24 Stunden zuvor eine Polizeiabsperrung durchbrochen, die zu dem Monument gehörenden Vitrinen zerstört und die Säulen mit Macron-feindlichen Parolen beschmiert. „Sie versuchen, die Symbole der Republik zu beschädigen“, sagte Innenminister Christophe Castaner im Fernsehen. Die Verantwortlichen bezeichnete der frühere Sozialist als „Gauner“, die sich gekonnt unter die Gelbwesten gemischt hätten. „Das ist eine aufständische Minderheit.“

Im Gegensatz zur vergangenen Woche, wo die Bewegung auf die Champs-Elysées beschränkt blieb, breiteten sich die gewaltsamen Aktionen vom Triumphbogen auf mehrere Straßenzüge aus. Auf dem Boulevard Haussmann, der an den großen Kaufhäusern Galeries Lafayette und Printemps vorbeiführt, errichteten die Demonstranten Barrikaden. Mehrere Bankfilialen und zahlreiche Luxusautos auf der schicken Avenue Kléber gingen in Flammen auf. Auf der bei den Touristen beliebten Rue de Rivoli plünderten die Randalierer mehrere Läden. „Als wir nach 16 Uhr die Metro nehmen wollten, fanden wir uns in einer echten Kriegsszene wieder“, sagte die 17-jährige Melissa der Zeitung „Le Parisien“. „Wir hörten Explosionen, wir rochen Rauch, die Leute rannten durcheinander und die Geschäfte waren zerstört.“

„Das waren Szenen einer absolut außergewöhnlichen Gewalt“, sagte Castaner. Die Demonstranten hätten Hacken und Eisenstangen gegen die 4600 Polizisten eingesetzt. „Die Verantwortlichen dieser Gewalt wollen keine Veränderung, sie wollen das Chaos“, sagte Präsident Emmanuel Macron zum Abschluss des G20-Gipfels in Argentinien. „Ich respektiere Widerspruch, ich höre die Opposition, aber ich werde die Gewalt nicht tolerieren.“ Gestern beriet Macron mit Premierminister Edouard Philippe und einigen Ministern. Castaner schloss nicht aus, den Ausnahmezustand zu verhängen, um künftige Demonstrationen zu verbieten. Am Abend verlautete, dass es auch weitere Gespräche geben soll, mit Parteienvertretern und Demonstranten.

Insgesamt waren in ganz Frankreich 136 000 Gelbwesten auf der Straße. Dabei zählte das Innenministerium allein in Paris 187 Brände und 133 Verletzte. 412 Menschen wurden festgenommen.

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