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Saarbrücken/Mainz · Die Panne beim Mittwochslotto ist ein einzigartiger Vorfall, der hohe Wellen schlägt. Das sonst so zuverlässige Gerät, das den Wirbel verursachte, stammt aus dem Saarland. Bälle und Mischmaschine wurden von saarländischen Ingenieuren entwickelt.

Heike Maurer war schon im Mantel. Die Lotto-Fee machte sich gerade auf den Weg vom Studio in Mainz nach Hause, als ihr Telefon klingelte. "Ich dachte, es wäre ein Aprilscherz, als meine Redakteurin anrief und sagte, ich muss zurückkommen, die Lotto-Ziehung sei ungültig." Seit mehr als 20 Jahren ist Maurer schon Lotto-Expertin, aber das hat sie noch nicht erlebt. Sie sei erschüttert gewesen, sagt sie. "Dann habe ich ein Riesen-Herzklopfen bekommen, weil ich mir sofort ausmalen konnte, wie die Menschen am Bildschirm das empfinden werden."

2,33 Millionen Fernsehzuschauer verfolgten am Mittwochabend die Ziehung, die sich erst im Nachhinein als spektakuläre Panne erwies. Bei der live übertragenen ersten Ausspielung rollten zwei Kugeln nicht in die Trommel, sondern blieben auf dem so genannten Schlitten hängen. Warum, war auch gestern noch nicht geklärt.

"Für den Lottoblock gilt: Nichts vertuschen, nichts verschleiern. Es geht um Seriosität", sagte gestern der Geschäftsführer von Saartoto, Peter Jacoby, zur SZ. "Wir arbeiten zusammen mit der zuständigen Firma an der technischen Rekonstruktion des fehlerhaften Durchlaufs."

Zuständig für die Präzisionsarbeit ist seit 1964 übrigens eine Firma aus Saarbrücken, nämlich die von Elektroingenieur Hans Brösch. Er liefert die Tüv-geprüften Kugeln und die Ziehmaschinen. Am Samstag soll nun, so Jacoby, eine andere Maschine als die vom Mittwoch eingesetzt werden. Solche Ersatzgeräte stehen nach Angaben von Lotto Rheinland-Pfalz immer bereit. Die Kugeln wiederum würden Woche für Woche von Koblenz, dem Sitz der Lottogesellschaft, nach Mainz gefahren. "Die Woche über sind sie in einem verplombten Koffer in einem Tresor", so Sprecher Clemens Buch.

Jacoby ist mit dem Krisenmanagement von Mittwochabend zufrieden: "Es wurde spät, aber nicht zu spät reagiert. Die Wiederholung und die sofortige Information der Zuschauer waren die richtige Reaktion." Warum rund ein Dutzend Menschen im Studio die zwei "einsam" zurückgebliebenen Kugeln nicht früher bemerkten, sondern erst beim Abbau der Ziehungsmaschine, kann auch Jacoby sich nicht erklären. Er versucht es dennoch: "Offensichtlich ist das ein Aufmerksamkeitsproblem. Sobald die Kugeln den Schlitten verlassen, konzentriert sich alles auf das eigentlich Spannende. Alle schauen nur noch nach unten, auf die Zahlen." Beim Probelauf sei jedenfalls alles glatt gelaufen, so Jacoby.

Und nach dem Fehllauf wohl auch, zumindest juristisch: Der Ziehungsleiter von Lotto Rheinland-Pfalz, Dirk Martin, erklärte die Zahlen umgehend für ungültig. Eine zweite Ausspielung erfolgte um 19.24 Uhr. Doch wie viele Menschen hatten sich wohl in den wenigen Minuten zwischen der ersten Ziehung und der Korrektur im - falschen - Lotto-Glück gewähnt und die Sektkorken knallen lassen? Das blieb zunächst ungeklärt. Laut Jacoby legte gestern bundesweit niemand einen Lottoschein vor und pochte auf Auszahlung. Auch sei ein Sturm der Entrüstung ausgeblieben; die Lotto-Gesellschaften hätten nur "vereinzelte Anrufe" registriert. Freilich hält der Saartoto-Geschäftsführer Wallungen von enttäuschten Glücksgefühlen für "höchst bedauerlich".

Auch Lotto-Fee Maurer malt sich aus, wie sich diese Zuschauer fühlen. Bei ihrer nächsten Sendung, sagt sie, werde sie wohl noch einmal auf die Panne eingehen. Und dann will sie nach so vielen Jahren etwas ändern und nicht nur in die Kamera schauen, sondern auch einen Blick auf die Kugeln werfen.

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