Aufstieg durch Bildung in weiter Ferne

Berlin · In Deutschland ist der Bildungserfolg junger Menschen nach wie vor eng an ihre soziale Herkunft gekoppelt. Auch der Unterschied bei den Einkommen fällt zwischen Akademikern und Facharbeitern besonders drastisch aus.

Zunächst die gute Nachricht: In Deutschland büffeln so viele junge Leute wie nie zuvor für einen höheren Bildungsabschluss an Unis und Fachhochschulen . Die schlechte Nachricht: Noch immer studieren vor allem Kinder von Akademikern, während der Nachwuchs von Arbeitern eine Ausbildung macht. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kritisierte dies gestern bei der Vorstellung ihrer Studie "Bildung auf einen Blick" als zu "geringe Bildungsmobilität". Hier Fragen und Antworten zum deutschen Abschneiden beim Leistungsvergleich von 30 Industrie-Nationen:

Ist man heute gebildeter als die eigenen Eltern ?

Offensichtlich nicht. So erreichen 58 Prozent der deutschen Erwachsenen lediglich den gleichen formalen Bildungsstand wie ihre Eltern . 24 Prozent sind besser ausgebildet. 18 Prozent fallen sogar hinter die Qualifikation ihrer Eltern zurück. Nur: In fast allen anderen OECD-Ländern sind die jüngeren Generationen besser gebildet als ältere. "Deutschland ist neben Israel und den Vereinigten Staaten eines von nur drei Ländern, bei denen im Laufe einer Generation kein wesentlicher Zuwachs zu erkennen ist", heißt es in dem Bericht.

Woran liegt das?

Es ist das alte Problem: "Gerade für Schüler aus sozial schwachen Familien bleibt das Versprechen ,Aufstieg durch Bildung' häufig in weiter Ferne", erklärte der Leiter des OECD Berlin Centers, Heino von Meyer. Aktuell schafften zwar so viele Deutsche einen Hochschulabschluss wie nie. Schaue man sich die Daten aber genau an, zeige sich, "dass die schönen Durchschnittswerte nur die halbe Wahrheit erzählen". Außerdem würden in Deutschland die Kinder von hoch qualifizierten Eltern mit einer mehr als doppelt so großen Wahrscheinlichkeit an die Uni, Fachhochschule oder in Meisterklassen gehen. Kinder von Mittel- und Niedrig-Gebildeten stünden zu oft hinten an.

Macht sich der Abschluss beim späteren Einkommen bemerkbar?

Eindeutig ja. Der Abschluss wirkt sich auf das Einkommen aus. Im Jahr 2012 verdienten laut OECD Hochqualifizierte in Deutschland 74 Prozent mehr als Erwerbstätige, die nach der Schule weder zur Uni noch zur Fachhochschule oder in einen Meisterkurs gegangen sind. Im Jahr 2000 war der Vorsprung mit 45 Prozent deutlich kleiner, erläuterten Experten. Der Grund dafür liegt auch am Absinken der Löhne bei "mittelgut Qualifizierten". Die Forscher warnten deshalb vor einer "Aushöhlung der Mitte".

Schützt Bildung vor Arbeitslosigkeit?

Das tut sie. Je qualifizierter, desto höher der Schutz vor Arbeitslosigkeit - das gilt selbst in den europäischen Krisenländern. Weltweit ist in den vergangenen Jahren vor allem die Arbeitslosigkeit von Geringqualifizierten gewachsen. In Deutschland hingegen sind die Erwerbslosen-Quoten für alle Bildungsstufen zurückgegangen. 12,8 Prozent der Menschen mit geringer Qualifikation sind ohne Job, 5,3 Prozent mit Abitur oder Lehre und nur 2,4 Prozent der Akademiker .

Sind Arbeitnehmer bereit, sich weiterzubilden?

Ja. 53 Prozent der 25- bis 64-jährigen Bundesbürger setzen auf Weiterbildung für ihr Fortkommen, etwas mehr als in vielen anderen Ländern. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 51 Prozent.

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