Auf einer Wellenlänge

Dass er keine symbiotische Beziehung mit der deutschen Kanzlerin eingehen werde, hat François Hollande früh klar gemacht. "Ich bin nicht überschwänglich. Sie auch nicht. Aber wir suchen bei jeder Etappe den Kompromiss", erklärte der französische Präsident kürzlich. Namensschöpfungen wie "Merkollande" oder "Homer" lehnte er als nichtssagend ab

Dass er keine symbiotische Beziehung mit der deutschen Kanzlerin eingehen werde, hat François Hollande früh klar gemacht. "Ich bin nicht überschwänglich. Sie auch nicht. Aber wir suchen bei jeder Etappe den Kompromiss", erklärte der französische Präsident kürzlich. Namensschöpfungen wie "Merkollande" oder "Homer" lehnte er als nichtssagend ab.Die professionelle Nüchternheit dient auch als Kontrast zu seinem Vorgänger Nicolas Sarkozy und der zur Schau gestellten Herzlichkeit des "Merkozy"-Paares. Hollandes Lager warf dem Konservativen in der Zeit seiner Präsidentschaft vor, gegenüber Deutschland einzuknicken und zu stark auf Angela Merkels Linie der strikten Sparpolitik einzuschwenken. Einen beim EU-Gipfel Ende Juni beschlossenen Wachstumspakt feierte der Sozialist zuhause dann auch als seinen persönlichen Erfolg gegen die strikte Madame Merkel - so als hätte es Überlegungen für mehr Wachstumsimpulse nicht auch schon vor seinem Betreten der europäischen Bühne gegeben. Sein Vorgehen bringt auch eine Annäherung an Italiens Ministerpräsidenten Mario Monti mit sich, den er gestern in Paris empfing. Die Qualität der franko-italienischen Beziehungen sei sehr wichtig, um die Eurozone zu konsolidieren und zu stärken, erklärte Hollande. Er wies darauf hin, dass der beim EU-Gipfel beschlossene Wachstumspakt und die Stabilitätsmechanismen jetzt umgesetzt werden müssten. Noch immer sucht Hollande seine Position in Ablehnung Sarkozys und damit teilweise auch der Politik Merkels.

Zwar erklärten beide erst am Freitag nach einem Telefonat, sie seien "entschlossen, alles zu tun, um die Eurozone zu schützen". Doch jetzt berichten Medien von Versuchen einiger Vertreter der Euro-Staaten, darunter Hollande und der italienischen und spanischen Ministerpräsidenten Mario Monti und Mariano Rajoy, dem europäischen Rettungsfonds ESM unbegrenzte Kredite bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zu ermöglichen. Der Fonds könnte spanische und italienische Anleihen aufkaufen und diese als Sicherheiten bei der EZB deponieren. Im Gegenzug könnte er sich bei der Notenbank frisches Geld zu günstigen Konditionen leihen, das wiederum zur Stützung der Krisenstaaten eingesetzt werden könnte. Außerdem solle der ESM eine Banklizenz erhalten. Befürwortern zufolge würde das verhindern, dass die dort vorhandenen Mittel von insgesamt 700 Milliarden Euro irgendwann erschöpft wären und die Debatten um die Höhe des Rettungsschirms und die Stabilität der Brandmauer immer wieder aufflammen.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte gestern, es gehe nicht um "Geld ohne Limit und ohne Bedingungen", sondern um ein Instrument, "das effektiv die Spekulation unterbindet". Sein Landsmann, der Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker, hatte am Montag gesagt, dass sich die Euroländer, der EFSF und die EZB darauf vorbereiten, notfalls Staatsanleihen krisengeschüttelter Eurostaaten aufzukaufen.

Bundesregierung und -bank lehnen den Vorstoß als Angriff auf die Unabhängigkeit der EZB und die Geldwertstabilität in der Euro-Zone ab. Zudem verbieten die EU-Verträge der Notenbank die Finanzierung von Staaten. Doch je länger die Euro-Krise schwelt, zuletzt auch angesichts stark angestiegener Renditen für spanische und italienische Anleihen, desto mehr steigt der Druck auf die Deutschen, ein großes Programm von Anleihen-Ankäufen durch die EZB zuzulassen. So war auch die jüngste Erklärung von EZB-Chef Mario Draghi aufgefasst worden, er werde alles Erforderliche für den Erhalt des Euro tun. Seit März war die EZB nicht mehr interveniert.

Meinung

Hollande sucht seine Rolle

Von SZ-MitarbeiterinBirgit Holzer

Frankreichs Präsident sucht noch immer nach seiner Rolle. Dem Vorwurf seiner Gegner im Wahlkampf, er sei außenpolitisch unerfahren und ein zögerlicher Entscheidungsträger, trat er von Anfang an mit demonstrativem Selbstbewusstsein entgegen - auch gegenüber der deutschen Kanzlerin. Statt Nachgiebigkeit stellt er Härte zur Schau, wohl auch um sich einmal mehr von seinem Vorgänger Sarkozy abzuheben, der sich zuletzt stark an Angela Merkel angelehnt hatte.

François Hollande versucht so, eine Mittler-Position einzunehmen zwischen dem auf Budgetdisziplin und Reformanstrengungen pochenden Deutschland und der "Süd-Fraktion", die mehr Entgegenkommen und mehr Wachstumsimpulse einfordert. Dennoch möchte er sich nicht zum Sprecher eines nachlässig wirtschaftenden mediterranen "Club Med" machen - die konservative Opposition wirft ihm ohnehin längst Laxheit trotz angespannter Finanzlage vor. Denn auch in Frankreich verspricht der neue Präsident zwar die konsequente Senkung des Staatdefizits und einen ausgeglichenen Haushalt in spätestens fünf Jahren - wie er das erreichen will, bleibt jedoch weiter unklar und lässt sich an seinen bisherigen Entscheidungen und Versprechen nicht ablesen.

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