Auf dem Weg zur Seligkeit

Vatikanstadt. Die von manchem erhoffte Sensation blieb aus. Bei der offiziellen Gedenkmesse zum fünften Todestag von Papst Johannes Paul II. gab es keinen weiteren Hinweis zu seiner bevorstehenden Seligsprechung. Benedikt XVI. würdigte seinen am 2

Vatikanstadt. Die von manchem erhoffte Sensation blieb aus. Bei der offiziellen Gedenkmesse zum fünften Todestag von Papst Johannes Paul II. gab es keinen weiteren Hinweis zu seiner bevorstehenden Seligsprechung. Benedikt XVI. würdigte seinen am 2. April 2005 verstorbenen Vorgänger, der sich ungeachtet von Widerständen und Kalkül für die Sache Gottes in der Welt aufgerieben und sich zum "Weggefährten" der heutigen Menschheit gemacht habe. Die Seligsprechung des Polen Karol Wojtyla (1920-2005), der mehr als 26 Jahre lang die katholische Weltkirche leitete, dürfte trotzdem nur eine Frage der Zeit sein. Dazu ist freilich noch der Nachweis einer Wunderheilung erforderlich. Das scheint auf einem guten Weg. Vor fünf Jahren erschütterten das Leiden und der Todeskampf des Papstes die Welt. Allabendlich versammelten sich in den letzten Märztagen 2005 tausende Menschen zum Gebet auf dem Petersplatz. Schon seit Jahresbeginn hatte sich die Parkinson-Erkrankung des einst so sportlichen Kirchenmannes drastisch verschlimmert. Zweimal musste der 84-Jährige ins Krankenhaus, mit einem Luftröhrenschnitt versuchten die Ärzte Linderung zu verschaffen. Die Karwoche verfolgte Johannes Paul II. über einen Bildschirm in seiner Privatkapelle. Beim Ostersegen "Urbi et orbi" versagte ihm die Stimme; stumm und schmerzgezeichnet machte er das Kreuzzeichen. Fünf Tage später, am 2. April, informierte der vatikanische Innenminister Leonardo Sandri die Welt: "Der Heilige Vater ist heute Abend um 21.37 Uhr in seiner Privatwohnung gestorben." Das zweitlängste Pontifikat der Geschichte - und zugleich eines der turbulentesten - war zu Ende. Johannes Paul II. war Gesprächspartner von fünf US-Präsidenten, er erlebte sechs Kreml-Chefs. Der slawische Papst hatte maßgeblichen Anteil am Sturz des Kommunismus, er erlebte die Globalisierung und die Fortschritte in der Bioethik, er war Zeitzeuge des 11. September 2001 und sah den Aufstieg des Islamismus. Er predigte Menschenrechte und Religionsfreiheit in Ländern des realen Sozialismus und redete zugleich den Machthabern in Paraguay, Chile oder auf den Philippinen ins Gewissen. Wie wenige seiner Vorgänger hat Johannes Paul II. Kirche und Welt bewegt und mit immer neuen Initiativen, Worten und Visionen in Atem gehalten. Der "Papst aus dem fernen Land" verschaffte dem Katholizismus neues Ansehen und neue Aufmerksamkeit. Nicht nur die Katholiken trauerten um einen Religionsführer, der den Dialog zwischen Christen und anderen Glaubensrichtungen förderte, und der sich ganz besonders für die Aussöhnung mit dem Judentum einsetzte. Der rund um den Erdball reiste und den christlichen Glauben bezeugte. Der mit moralischer Autorität für Aussöhnung, Frieden und Gerechtigkeit in der Welt eintrat und Kriege zu verhindern suchte. Rom erlebte im April 2005 den größten Ansturm seiner Geschichte. Vier Millionen Menschen nahmen vom toten Papst Abschied, zogen schweigend am geöffneten Sarg im Petersdom vorüber, unter ihnen Staatschefs und Spitzenpolitiker aus aller Welt. Bei der Totenmesse traf Kardinaldekan Joseph Ratzinger die Stimmung, als er in seiner Predigt auf die Fenster im verwaisten Papstpalast deutete: "Wir können sicher sein, dass unser geliebter Papst jetzt am Fenster des Hauses des Vaters steht, uns sieht und uns segnet", sagte er. "Santo subito" ("heilig sofort") forderten Sprechchöre auf dem Petersplatz. Benedikt XVI. reagierte rasch. In einer seiner ersten Amtshandlungen gab er grünes Licht für den sofortigen Beginn des Seligsprechungsverfahrens. Der parallele Prozess in Rom und Krakau dauerte gerade zwei Jahre, ebenso lange brauchten danach die Untersuchungen im Vatikan. Kurz vor Weihnachten 2009 erkannte Benedikt XVI. seinem Vorgänger den "heroischen Tugendgrad" zu. Die Seligsprechung von Johannes Paul II. wird für 2011 erwartet.

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