Auch Demenzkranke sollen Hilfe erhalten

Es ist eine der größten Reformen der Pflegeversicherung seit ihrer Einführung vor 22 Jahren. Rund 2,8 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland werden zum 1. Januar in ein neues Begutachtungssystem übergeleitet. Fragen und Antworten dazu von dpa-Mitarbeiter Ruppert Mayr.

 Minister Gröhe: Pflegebedürftige können auch einen Antrag auf Neubegutachtung stellen. Foto: dpa

Minister Gröhe: Pflegebedürftige können auch einen Antrag auf Neubegutachtung stellen. Foto: dpa

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Was ist der Kern der Änderungen?

Ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff bewirkt, dass künftig nicht mehr nur Menschen mit körperlicher Einschränkung voll in den Leistungskatalog einbezogen werden, sondern gleichberechtigt auch 1,6 Millionen Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und schwindender geistiger Kraft wie Demenzkranke . Entsprechend ändern sich die Begutachtungsverfahren grundlegend: Es wird nicht mehr nach Minuten abgerechnet, sondern nach dem Grad der Selbstständigkeit.

Muss sich der Pflegebedürftige bei der Pflegekasse melden?

Nein. Alle, die schon heute pflegebedürftig sind und Leistungen beziehen, müssen keinen Antrag auf Neubegutachtung stellen. Die Überleitung erfolgt automatisch. Sollte aber jemand bis Ende des Jahres keinen Überleitungsbescheid bekommen haben, sollte er sich spätestens in den ersten Januartagen bei seiner Pflegekasse melden. "Natürlich können Pflegebedürftige und ihre Angehörigen auch einen Antrag auf Neubegutachtung stellen. Das ist dann sinnvoll, wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert hat und deshalb mehr pflegerische Unterstützung benötigt wird", sagt Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU ).

Sind die Leistungen geringer als vorher?

Nein. Es gilt Bestandsschutz. Im Gegenteil: Pflegebedürftige werden grundsätzlich besser eingestuft. Solche mit körperlichen Einschränkungen erhalten anstelle der bisherigen Pflegestufe den nächsthöheren Pflegegrad. Pflegebedürftige mit dauerhaft erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz etwa wegen Demenzerkrankung werden zwei Pflegegrade höher eingestuft.

Was bedeutet das im einzelnen?

Ein Pflegebedürftiger mit körperlichen Einschränkungen, der jetzt die Pflegestufe 1 hat, kommt automatisch in den Pflegegrad 2. Ein Pflegebedürftiger mit Pflegestufe 1, der zudem in seinen Alltagskompetenzen eingeschränkt ist, bekommt automatisch den Pflegegrad 3 und so weiter. Für die höchste Pflegestufe 3 gibt es dann den Pflegegrad 4 und mit eingeschränkten Alltagskompetenzen den höchsten Pflegegrad 5.

Wer sollte also gleich Anfang 2017 einen Antrag stellen?

Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen wie Demenzkranke oder ihre Angehörigen, sofern sie dies nicht schon getan haben. Denn für sie erhöht sich mit der zum 1. Januar startenden zweiten Stufe des Pflegestärkungsgesetzes II die Chance, zumindest in den Pflegegrad 1 zu kommen.

Was gilt für Pflegebedürftige in Heimen?

Für die Pflegegrade 2 bis 5 sind die pflegebedingten Eigenanteile gleich hoch und erhöhen sich nicht mehr durch steigende Pflegebedürftigkeit. Für übergeleitete Leistungsempfänger, deren Eigenanteil im Januar höher ist als bisher, zahlt die Pflegekasse die Differenz.

Gibt es Verbesserungen für pflegende Angehörige?

Ja. Der Gesetzgeber will, dass der Pflegebedürftige möglichst lange in seinem persönlichen Umfeld bleiben kann. Pflegende Angehörige sollen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung besser abgesichert werden. Zudem werden Hilfen - etwa für Urlaub oder bei Krankheit - verbessert.

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