Asche im Getriebe

Frankfurt/Saarbrücken. In der Luftfahrt sind Vulkanausbrüche besonders gefürchtet. 1982 führte Vulkanasche zum "Vorfall von Jakarta": Ein Jumbojet der British Airways flog auf dem Weg von London nach Auckland in Neuseeland in 11 000 Meter Höhe in eine Aschewolke des Vulkans Galunggang

Frankfurt/Saarbrücken. In der Luftfahrt sind Vulkanausbrüche besonders gefürchtet. 1982 führte Vulkanasche zum "Vorfall von Jakarta": Ein Jumbojet der British Airways flog auf dem Weg von London nach Auckland in Neuseeland in 11 000 Meter Höhe in eine Aschewolke des Vulkans Galunggang. Alle vier Triebwerke fielen aus, der Jet segelte zum Entsetzen der Passagiere Richtung Absturz. Erst in 4100 Meter Flughöhe gelang es der Besatzung, die Motoren wieder zu starten. Per Hand manövrierte die Crew das Flugzeug auf einem grob berechneten Gleitstrahl zu einer Notlandung in Jakarta. Weil die Asche die Frontscheibe förmlich sandgestrahlt hatte, flogen die Piloten ohne Sicht.

Gestern nun haben gigantische Aschewolken des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull den Flugverkehr in Europa ins Chaos gestürzt. In Deutschland wurden am Abend als erstes die Flughäfen in Hamburg und Berlin geschlossen. Schrittweise sollten in der Nacht große Teile des deutschen Luftraums gesperrt werden.

Die gefährliche Aschewolke wird den Luftverkehr vermutlich noch tagelang stören. Europaweit fielen bereits gestern tausende Flüge aus. Acht Länder hatten nach und nach ihren Luftraum komplett abgeriegelt: Großbritannien und Irland, die Niederlande und Belgien sowie Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden. In Frankreich war ein Großteil des Luftraums betroffen, auch die beiden Pariser Großflughäfen sollten geschlossen werden. In London-Heathrow, der wichtigsten Drehscheibe des europäischen Flugverkehrs und einem der wichtigsten Flughäfen der Welt mit täglich 1300 Flügen und 180 000 Passagieren, lief gar nichts mehr: Zehntausende saßen fest. Niemand konnte sagen, wann es Entwarnung gibt.

Der bundesweit größte Flughafen in Frankfurt zählte bis gestern Nachmittag mehr als 150 gestrichene Starts und Landungen. Zugleich landete in Frankfurt ein Dutzend Maschinen, die auf dem Weg nach London waren und dort nicht mehr landen durften - vor allem Langstreckenflüge aus den USA oder Asien. Betroffen von Flugausfällen waren auch die Airports Saarbrücken, Hahn und Luxemburg. Auf der Strecke Saarbrücken-Hamburg fielen am Abend wegen der bevorstehenden Sperrung des Luftraums über Norddeutschland zwei Flüge aus.

"Vulkan-Asche stellt in mehrerer Hinsicht eine akute Bedrohung für den Flug dar", sagt der Sprecher der Pilotengewerkschaft Cockpit, Jörg Handwerg. So könnte das Flugzeug beim Auftreffen von festen Bestandteilen der Aschewolke angeschliffen werden, so dass die Cockpitscheiben erblinden. Zudem könnte sich Asche im Triebwerk absetzen und dort festbrennen. "Dadurch verändert sich die Strömung, was zum Erlöschen des Triebwerkes führen kann."

Der Direktor für regionale und globale Verschmutzung am Norwegian Institute for Air Research, Kjetil Toerseth, erklärt: "Der Staub kann die Maschinen stoppen, aber er kann die Maschinen auch derart beschädigen, dass eine komplette Überholung fällig ist."

Aus den vergangenen 20 Jahren sind insgesamt 80 Vorfälle belegt, bei denen Flugzeuge durch Vulkan-Asche beeinträchtigt wurden. Im Jahr 1989 trudelte eine 747-Maschine der niederländischen Fluglinie KLM fünf lange Minuten mit 231 Passagieren an Bord ohnmächtig nach unten: Sie war in eine Aschewolke eines Vulkans geraten, der in 177 Kilometer Entfernung ausgebrochen war. Nach dem Neustart der Maschinen konnte das Flugzeug sicher landen. Der Vorfall hat die Luftfahrt für die Gefahr sensibilisiert: Seitdem werden Vulkanwolken weltweit beobachtet. Es gibt neun Zentren, die Vulkan-Aschewolken überwachen.

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