Arznei-Pläne gefährden Röslers Sparziele

Berlin. Rund 3,5 Milliarden Euro will Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP, Foto: dpa) 2011 im Gesundheitswesen sparen. Davon etwa zwei Milliarden Euro bei Medikamenten. Doch gerade hier könnte sich die gute Absicht ins Gegenteil verkehren

Berlin. Rund 3,5 Milliarden Euro will Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP, Foto: dpa) 2011 im Gesundheitswesen sparen. Davon etwa zwei Milliarden Euro bei Medikamenten. Doch gerade hier könnte sich die gute Absicht ins Gegenteil verkehren. Hintergrund ist das Arzneimittel-Neuordnungsgesetz, das gegenwärtig im Bundestag beraten wird und bereits bewährte Einsparpotenziale wieder in Frage stellt.

Seit 2007 können die gesetzlichen Krankenkassen mit den Pharmaherstellern Rabattverträge aushandeln. Die Apotheken sind dann verpflichtet, bei austauschbaren Medikamenten das rabattierte, also billigere an den Versicherten abzugeben. Wegen ihrer marktbeherrschenden Stellung im Kassensystem profitieren davon vor allem die Ortskrankenkassen. Bei der AOK sind rund ein Drittel der 50 Millionen Kassenmitglieder versichert. Seit 2007 haben sie nach eigenen Angaben rund eine Milliarde Euro durch Rabattverträge gespart.

Der aktuelle Gesetzentwurf sieht nun zwei entscheidende Änderungen vor. Zum einen soll eine so genannte Mehrkostenregelung eingeführt werden. Und zum anderen sollen die Kassen künftig dem Kartellrecht unterliegen. Lehnt ein Patient das verbilligte Medikament einfach ab, muss er das Ersatzpräparat nach geltendem Gesetz komplett aus eigener Tasche bezahlen. Künftig braucht er dafür nur die Preisdifferenz zwischen beiden Arzneien zu begleichen. Minister Rösler sieht darin einen Beitrag zur "Wahlfreiheit" des Patienten.

Was sich vorteilhaft anhört, birgt jedoch Tücken. Die Kasse kann dem Pharmahersteller nicht mehr eine bestimmte Absatzmenge garantieren. Medizinrechtler Alexander Ehlers prophezeit, "dass der Abschluss wirtschaftlicher Rabattverträge erschwert, wenn nicht verhindert würde". Durch die Mehrkostenregelung sinke der Anreiz für Pharmaunternehmen, sich an Ausschreibungen zu beteiligen.

Auch das Kartellrecht ist eher Gift für die Rabattverträge. Würden die Kassen ihm unterworfen, müsste jede regionale AOK für sich Rabattverträge abschließen, was die Konditionen für die Patienten verschlechtern würde. "Wir brauchen das Erfolgsmodell Rabattverträge dringend, um weiter ohne Zusatzbeiträge auszukommen", betont ihr Vize-Vorsitzender Christopher Hermann. 2011 stünden für die AOK bereits 720 Millionen Euro auf dem Spiel. Rückendeckung erhalten die Kassen von der Opposition. "Was Rösler vorhat, ist der Weg in die Privatisierung der gesetzlichen Krankenkassen", kritisiert die saarländische SPD-Sozialpolitikerin Elke Ferner.

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