Appell gegen Rassismus bei Trauerfeier für Ägypterin

Dresden. "Mein Kopftuch ist keine Sünde" steht auf dem weißen Zettel. Jemand hat ihn auf der Freitreppe vor dem Dresdner Rathaus platziert. Darüber liegen viele weiße Rosen. Die Dresdner haben sie am Samstag während der Trauerfeier für die junge Ägypterin, die am 1. Juli von einem Russlanddeutschen im Dresdner Landgericht erstochen wurde, abgelegt

Dresden. "Mein Kopftuch ist keine Sünde" steht auf dem weißen Zettel. Jemand hat ihn auf der Freitreppe vor dem Dresdner Rathaus platziert. Darüber liegen viele weiße Rosen. Die Dresdner haben sie am Samstag während der Trauerfeier für die junge Ägypterin, die am 1. Juli von einem Russlanddeutschen im Dresdner Landgericht erstochen wurde, abgelegt. Sie wollen Marwa El Sherbini (Foto: dpa) und ihrer Familie Anteilnahme und Respekt aussprechen. Weit über Tausend sind da, darunter Politiker, Wissenschaftler, Studenten, Eltern mit ihren Kindern.

Die 31-jährige El Sherbini sei für ihre Zivilcourage ermordet worden, ruft der Generalsekretär des Zentralrates der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, in die Menge. Es gelte die uneingeschränkte Freiheit des Glaubens zu verteidigen. Dazu zähle auch das Tragen eines Kopftuches. Der Mord am Dresdner Landgericht sei einer der schlimmsten Höhepunkte der Islamfeindlichkeit in Deutschland, sagte Mazyek.

Die zögerliche Reaktion der Bundesregierung auf den Mord an der Ägypterin hat viele Muslime verunsichert und Unverständnis ausgelöst. Er vertraue auf die deutsche Regierung, "dass sie keine Mühe scheut und ihrer Verantwortung gerecht wird", sagte jedoch der ägyptische Botschafter Ramzy Ezzeldin Ramzy bei der Trauerfeier. Zugleich fordert er eine schnellstmögliche Verurteilung des Täters.

Das Gericht hatte gegen den Täter wegen Beleidigung der jungen Frau in einem Berufungsverfahren verhandelt. "Schlampe", "Islamistin" und "Terroristin" hat der Russe mit deutschem Pass ihr auf einem Spielplatz hinterhergerufen. Sherbinis Kopftuch war der Anlass für die islamfeindlichen Beleidigungen. Sie hat ihn dafür angezeigt. Die Staatsanwaltschaft Dresden bezeichnet den 28-Jährigen als "fanatischer Ausländerfeind", den heimtückischen Mord durch 18 Messerstiche als "Einzeltat". Zudem habe der Russlanddeutsche Kontakt zu rechtsextremen Organisationen. Deutschland sei nicht islamfeindlich, sagt Mazyek. Es gebe aber islamfeindliche Auswüchse in der Gesellschaft, die bekämpft werden müssten.

In vielen Ländern und in Deutschland "entsteht Rassismus immer wieder neu", sagte der frühere Geschäftsführer des Dresdner Ausländerrates Nabil Yacoub in seiner Rede vor dem Rathaus. So gebe es in bestimmten Teilen der deutschen Bevölkerung einen "Alltagsrassismus". Zudem bedauere er die zögerliche Haltung der Bundesregierung: "Eine sofortige deutschlandweite Verurteilung wäre absolut notwendig gewesen und hätte allen gedient". Islamphobie müsse geächtet werden.

Der Zentralrat der Ex-Muslime warnte unterdessen, den gewaltsamen Tod einer jungen Ägypterin zu instrumentalisieren. Der Mord sei schrecklich, gebe aber keiner islamischen Organisation das Recht, "Islamkritikern einen Maulkorb zu verpassen", sagte der Zentralratsvorsitzende Mina Ahadi. Die Ex-Muslime sehen keine Anzeichen für eine Islamphobie und fordern die Bundesregierung auf, nicht mit falschen Zugeständnissen dem radikalen Islamismus Vorschub leiste.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort