Kandidatur für den CDU-Bundesvorsitz AKK setzt alles auf eine Karte

Berlin · Die CDU-Generalsekretärin geht aufs Ganze: Im Fall einer Niederlage will die Saarländerin ihren aktuellen Posten aufgeben.

 Annegret Kramp-Karrenbauer sprach vor Journalisten über ihre Kandidatur für den CDU-Bundesvorsitz.

Annegret Kramp-Karrenbauer sprach vor Journalisten über ihre Kandidatur für den CDU-Bundesvorsitz.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Über eine Woche hat sie gewartet und ihren Konkurrenten Friedrich Merz und Jens Spahn in den Medien den Vortritt gelassen. Doch an diesem Mittwoch wirft auch Annegret Kramp-Karrenbauer öffentlich ihren Hut in den Ring um die Merkel-Nachfolge. Und macht dabei gleich eines klar: Für sie ist es eine Abenteuerreise ohne Rückfahrkarte.

Großer Bahnhof in der Berliner Saar-Vertretung; die Landes-CDU hat den Saal für den Auftritt gemietet. Generalsekretär Markus Uhl ist sichtlich stolz, die mögliche Nachfolgerin der CDU-Chefin präsentieren zu können, seine langjährige Ministerpräsidentin. Kramp-Karrenbauer liest zu Beginn ein Statement vor. Es ist ein sorgfältig austariertes Papier. Ihre wichtigste Botschaft: „Meine Amtszeit als Generalsekretärin endet mit dem Parteitag Anfang Dezember.“ Sollte sie scheitern mit ihrer Bewerbung um den Parteivorsitz, werde sie nur noch ehrenamtlich für die CDU arbeiten. Zwar hätte sie unter Merz oder Spahn sowieso nicht Generalsekretärin bleiben wollen oder können. Trotzdem erinnert der Schritt an das Frühjahr, als sie auf Risiko ihr Amt in Saarbrücken aufgab, um, wie sie sagt, „meiner Partei zu helfen“. Zur Sicherheit macht AKK nochmal selbst darauf aufmerksam. Und auf ihre große Regierungserfahrung in zahlreichen Funktionen. Die hat keiner ihrer Konkurrenten.

Wer ihr Generalsekretär werden würde, weiß sie schon, den Namen verrät sie aber noch nicht. Getreu ihrem Appell, dass die anstehende Personalentscheidung nicht zu einem „ruinösen Wettbewerb“ werden dürfe, hat sie für Merz und Spahn Angebote parat. Merz könne am Thema Steuern und Staatseinnahmen im Digitalzeitalter arbeiten, er habe da „hervorragende Expertise“, findet die 56-Jährige. Merz hatte einst die Steuererklärung erfunden, die auf einen Bierdeckel passt. Spahn solle „in seinen bisherigen Funktionen seine Sicht auf die Dinge einbringen“. Also bleiben, was er ist.

Auch ihren großen Schwachpunkt spricht Kramp-Karrenbauer indirekt an: ihre Nähe zu Merkel. Zwar sagt sie, dass sie der Kanzlerin „für sehr, sehr vieles zu danken habe“. Und dass Merkel die CDU nachhaltig geprägt habe. Aber fast schon gefühllos sagt sie auch: „Eine Ära ist vorbei, jetzt gilt es, ein neues Kapitel aufzuschlagen.“ Und dafür sei ihre Kandidatur „ein Angebot“.

Einen ersten Kundentest absolviert dieses Angebot am Dienstagabend in Berlin-Reinickendorf. Der dortige CDU-Kreisverband hatte Kramp-Karrenbauer schon im Juli eingeladen, noch als Generalsekretärin. Nun kommt sie als Kandidatin für den Parteivorsitz, und die Bude ist mit 180 Mitgliedern rappelvoll.

Auf der einen Seite gibt sie sich als Law-and-Order-Frau, zum Beispiel bei Abschiebungen. Scharf attackiert sie die Grünen wegen ihrer Blockade sicherer Herkunftsländer. Und als sie sagt, wenn man aus falscher Rücksichtnahme den Martinsumzug in Lichterprozession umtaufe, dann sei das eine „Selbstverzwergung“, wird spontan heftig geklatscht. Kramp-Karrenbauer sieht die CDU zwar ausdrücklich weiter in der Mitte positioniert, findet aber, dass diese breiter interpretiert werden müsse. „Wenn man eine große Fläche freilässt“, sagt sie, „muss man sich nicht wundern, wenn andere sie besetzen.“ Und zeigt, dass sie auch öko kann. „Ich habe meine ersten politischen Schritte bei Klaus Töpfer gemacht.“ Vielen CDU-Wählern sei zum Beispiel das Tierwohl ebenfalls wichtig. Oder gesunde Luft. Das müsse die Union aufgreifen.

In Reinickendorf kommt das alles super an, auch weil Kramp-Karrenbauer immer wieder betont, wie wichtig es ihr ist, zuzuhören. Hinterher stehen viele Schlange für ein gemeinsames Selfie. Eine ältere Dame sagt: „Ich bin ihretwegen hier, weil ich sie politisch als hervorragend empfinde.“ Kreis-Chef Frank Steffel schüttet allerdings beim Abschied etwas Wasser in den AKK-Wein: „Es sind hier nur drei Delegierte des Bundesparteitages. Der Rest hilft Ihnen nur am Rande.“ Drei von 1001. Ein Anfang.

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