Als Pfennigfuchser zum reichsten Deutschen

Essen · Fotos von ihm sind Mangelware, öffentliche Auftritte mied er konsequent: Aldi-Mitbegründer Karl Albrecht führte ein sehr zurückgezogenes Leben. Der reichste Mann Deutschlands starb mit 94 Jahren.

 Wie alles begann: der Lebensmittelladen der Familie Albrecht in der Essener Huestraße 89, aufgenommen im Jahr 1930. Foto: Getty

Wie alles begann: der Lebensmittelladen der Familie Albrecht in der Essener Huestraße 89, aufgenommen im Jahr 1930. Foto: Getty

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Fast jeder kennt Aldi. Den Gründer Karl Albrecht kannten aber nur ganz wenige. Er mied die Öffentlichkeit. Albrecht war einer der letzten Nachkriegspatriarchen, die die Fundamente für das deutsche Wirtschaftswunder legten. Das globale Handelsimperium Aldi machte ihn zum reichsten Mann Deutschlands - sein Vermögen schätzte "Forbes" auf 25 Milliarden Dollar. Jetzt ist er im Alter von 94 Jahren gestorben.

Das Licht der Welt erblickte Karl Albrecht am 20. Februar 1920 als Sohn einer Händlerfamilie in Essen-Stoppenberg. Sein Vater Karl Albrecht Senior startete 1913 im damaligen Essener Vorort Schonnebeck einen Backwarenhandel. Mutter Anna eröffnete wenig später einen Lebensmittelladen. Im Elternhaus von Karl und seinem jüngeren Bruder Theo in der Essener Huestraße 89 werden bis heute Waren des täglichen Bedarfs wie Brot, Gemüse, Wurst und Getränke angeboten: in einer kleinen Aldi-Filiale.

Die Brüder traten in die Fußstapfen der Eltern. Nach dem Krieg bauten sie aus dem elterlichen Tante-Emma-Laden die heute weltweit operierende Discounter-Kette auf. Der erste Aldi-Markt - die Abkürzung steht für Albrecht-Discount - eröffnete 1962. Die damals revolutionäre Idee war, mit einem schmalen Sortiment und einfachen Betriebsabläufen die Kosten möglichst gering zu halten.

Obwohl sich Karl und Theo ideal ergänzt haben sollen, schufen sie zwei selbstständige Unternehmen. Karl Albrecht führte Aldi Süd an, sein jüngerer Bruder Theo Aldi Nord . "Karl Abrecht war der Kreativere der beiden, Theo eher der Verwalter", erinnert sich der ehemalige Aldi-Manager Eberhard Fedtke. Karl Albrecht sei "ein einfacher, schlichter, höflicher, zurückhaltender Mann" gewesen. "Aber in seiner Art das Geschäft zu führen, war er sehr bestimmend und direkt - ohne modernes Trallala, aber sehr effizient."

Mit der Erfindung des Discounters hätten die Brüder Albrecht die deutsche Handelslandschaft verändert, sagte gestern der Präsident des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser. Die Unternehmensgruppe Aldi Süd hob hervor, wie wichtig Karl Albrecht die Interessen seiner Kunden gewesen seien: "Er war davon überzeugt, dass auch Kunden mit sehr begrenzten Einkommen die Möglichkeit haben sollten, gute Lebensmittel zu essen und zu trinken. Dies zu ermöglichen sah er als seine Lebensaufgabe an." Noch bis zu seinem 75. Lebensjahr sei er Aldi Süd in verantwortlicher Stellung verbunden gewesen.

Schon 1973 schuf Karl Albrecht die Voraussetzungen für eine unternehmerische Kontinuität über seinen Tod hinaus: Das Vermögen der Unternehmensgruppe Aldi Süd wird von zwei Stiftungen kontrolliert, die die Fortführung seines Lebenswerks gewährleisten sollen.

Die Öffentlichkeit scheuten die erfolgreichen Brüder Albrecht. Dafür gibt es vermutlich mehrere Gründe. Einer der Wichtigsten: Theo Albrecht wurde 1971 entführt und erst nach 17 Tagen und der Zahlung von sieben Millionen Mark Lösegeld wieder freigelassen. Auch Karl mied das Rampenlicht öffentlicher Termine, Fotos von ihm sind Mangelware. Der Unternehmer wurde auf dem Friedhof in Essen-Bredeney im engsten Familienkreis beigesetzt. Er liegt neben seiner Frau und nicht weit entfernt von seinem bereits vor vier Jahren verstorbenen Bruder Theo.

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