"Als ich Eichmann zum ersten Mal begegnete . . ."

Saarbrücken. Wenn Gabriel Bach (Foto: b&b) Deutsch spricht, dann klingt es so, als hätte er dieses Land nie verlassen. Tatsächlich emigrierte seine jüdische Familie aus Berlin-Charlottenburg im Oktober 1938 nach Amsterdam und von dort aus - kurz vor dem deutschen Einmarsch in Holland 1940 - ins damalige Palästina

Saarbrücken. Wenn Gabriel Bach (Foto: b&b) Deutsch spricht, dann klingt es so, als hätte er dieses Land nie verlassen. Tatsächlich emigrierte seine jüdische Familie aus Berlin-Charlottenburg im Oktober 1938 nach Amsterdam und von dort aus - kurz vor dem deutschen Einmarsch in Holland 1940 - ins damalige Palästina. Der heute 82-Jährige, der in Jerusalem lebt, ist ein gefragter Mann - ganz besonders in Deutschland. Denn der Jurist war einer von drei Anklägern im Eichmann-Prozess, dem wohl spektakulärsten Verfahren gegen NS-Verbrecher außerhalb Deutschlands. Adolf Eichmann, ehemaliger SS-Obersturmbannführer, wurde im Dezember 1961 in Jerusalem für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Anders als etwa die Nürnberger Prozesse gilt das Verfahren gegen Eichmann als einziger Prozess, in dem der millionenfache Mord an den Juden im Mittelpunkt stand.

Gabriel Bach, 1961 stellvertretender Generalstaatsanwalt in Israel, hatte sich bereits einen Namen gemacht, als er mit der Untersuchung des Eichmann-Falls betraut wurde. Dass Bach fließend Deutsch sprach, qualifizierte ihn in den Augen des damaligen israelischen Justizministers Pinchas Rosen zusätzlich für diese Aufgabe. Darüber hinaus sollte er während der Prozessdauer Ansprechpartner für Eichmann sein. "Als Ankläger", sagt der Jurist, "war ich freilich nur bereit, über formelle Dinge mit ihm zusprechen." Unmittelbar vor seiner ersten Begegnung mit Eichmann hatte Bach in einer Autobiografie des ehemaligen Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß ein Kapitel gelesen, in dem es um tausend jüdische Kinder ging, die an einem einzigen Tag in der Gaskammer ermordet wurden. "Höß beschrieb, dass ihm manchmal die Knie gezittert hätten, wenn eines dieser Kinder ihn gebeten hätte, es zu verschonen", erzählt Bach. Und dass sich Höß sich angesichts "dieser Schwäche" vor dem Obersturmbannführer geschämt habe. Eichmann habe Höß erklärt, die Logik bestehe nicht darin, vor allem die Älteren zu töten, sondern zuerst die Kinder, die ja eine "Keimzelle für die Wiedererrichtung dieser Rasse" darstellten. Der Zufall wollte es, dass Bach wenige Minuten nach dieser Lektüre ein Gespräch mit Eichmann hatte. "Ich kann nicht beschreiben", sagt Bach, "wie schwer es mir fiel, keine Miene zu verziehen."

Während des Prozesses habe Eichmann vom "kapitalsten Verbrechen in der Geschichte der Menschheit" gesprochen. Ein Anflug von Einsicht - oder nur der Versuch Eichmanns, das Strafmaß zu beeinflussen? Bach ist davon überzeugt, dass es keinen Anflug von Einsicht oder gar Reue gegeben hat. Belege hat er viele - auch die Lebensgeschichte Eichmanns, die dieser einem Journalisten 1956 ins Tonband diktierte.

Die Gedenkveranstaltung mit Kranzniederlegung an der Gedenkstätte "Gestapo-Lager - Goldene Bremm" findet heute um 15 Uhr im Hotel Mercure, Zinziger Straße 9, Saarbrücken, statt.

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