Als die Urlaubsstimmung dem Entsetzen wich

Tiflis/Saarbrücken. In wenigen Stunden hat sich die georgische Hauptstadt Tiflis komplett verändert. Wo sonst das Leben pulsiert, ist es auf den Straßen plötzlich eigenartig still, die Gesichter der Menschen sind ernst. Uns geht es nicht anders: Die fröhliche Urlaubsstimmung ist weg, stattdessen Entsetzen über die Nachrichten von russischen Bomben auf georgische Städte

Tiflis/Saarbrücken. In wenigen Stunden hat sich die georgische Hauptstadt Tiflis komplett verändert. Wo sonst das Leben pulsiert, ist es auf den Straßen plötzlich eigenartig still, die Gesichter der Menschen sind ernst. Uns geht es nicht anders: Die fröhliche Urlaubsstimmung ist weg, stattdessen Entsetzen über die Nachrichten von russischen Bomben auf georgische Städte. Wir sind mitten im Krieg, der so plötzlich und unerwartet kam. Der einzige Trost: Tiflis blieb zumindest bis zum Samstag von Angriffen verschont. Doch der Blick geht immer wieder gespannt nach oben zum wolkenverhangenen Himmel. Hoffentlich kommt kein Angriff. Wie konnte es so weit kommen? Provokationen gab es von georgischer Seite und von den Separatisten in Südossetien schon seit einiger Zeit. Auch als sich beide Seiten beschossen, dachte noch niemand an Krieg. Das war für die Georgier schon fast Normalität. Doch die Schießereien wurden heftiger.Hilfe der USA bleibt aus Der georgische Präsident Michail Saakaschwili behauptete, die Separatisten würden georgische Dörfer beschießen, und blies zur großen Offensive auf die südossetische Hauptstadt Zchinwali. Warum, bleibt wohl sein Geheimnis. Schließlich musste er doch wissen, dass er damit die Großmacht Russland herausfordert, die die Separatisten unterstützt. Oder hatte er auf mehr Hilfe von der Schutzmacht USA gehofft? Die blieb aus, und Russland schlägt brutal zurück. Und zwar nicht nur auf dem Gebiet Südossetiens, sie führt Krieg gegen ganz Georgien. Gori, die Geburtsstadt Stalins, steht in Flammen. Damit wird der Weg von Tiflis zum Schwarzen Meer, wo viele Georgier im Urlaub vom Krieg überrascht wurden, zur Lebensgefahr. Die Menschen hoffen jetzt, dass die internationale Gemeinschaft eingreift und beide Seiten zum Waffenstillstand bewegt. Der deutsche Außenminister Frank Walter Steinmeier genießt hohes Ansehen, weil er im Konflikt mit der zweiten abtrünnigen Republik Abchasien vermittelt. Auch dort wird jetzt gekämpft. Eine mögliche Lösung wäre, dass neutrale Blauhelmsoldaten der Vereinten Nationen die Konfliktparteien in den beiden Regionen voneinander trennen. Doch ob sich Russland und Saakaschwili jemals wieder an einen Verhandlungstisch setzen, ist mehr als fraglich. Auch innenpolitisch könnte Saakaschwili nach dem verheerenden Krieg gewaltig unter Druck geraten.Zurück nach Tiflis: Auch auf dem Weg zum Flughafen geht der bange Blick aus Angst vor einem Luftangriff immer wieder zum Himmel. Doch an diesem Tag bleibt alles ruhig, am späten Abend hebt der Flieger ab und landet sicher in Frankfurt. Alle Passagiere atmen auf. Doch viele mussten ihre Familien zurücklassen und haben nur einen Wunsch: Frieden. Georgier wollen heute um 17 Uhr auf dem Tbilisser Platz in Saarbrücken für Frieden demonstrieren.

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