Als das Fernsehen privat wurde

Saarbrücken. "Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Moment sind Sie Zeuge des Starts des ersten privaten Fernsehveranstalters in der Bundesrepublik Deutschland" - mit diesem Satz läutete Jürgen Doetz am 1. Januar 1984 um 9.58 Uhr den Beginn des ersten privaten Fernsehsenders in Deutschland ein

Saarbrücken. "Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Moment sind Sie Zeuge des Starts des ersten privaten Fernsehveranstalters in der Bundesrepublik Deutschland" - mit diesem Satz läutete Jürgen Doetz am 1. Januar 1984 um 9.58 Uhr den Beginn des ersten privaten Fernsehsenders in Deutschland ein. Doetz war damals Geschäftsführer der Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenfunk , der Vorgängerin von Sat.1. Der Anfang war allerdings reichlich bescheiden: Gesendet wurde aus einem Kellerstudio in Ludwigshafen.

Einen Tag später nahm um 17.27 das damals aus Luxemburg sendende RTL Plus seinen Betrieb auf; der zweite private Fernsehsender war am Start. Einer der Geburtshelfer war die Saarbrücker Zeitung, die täglich eine regionale Sendung von 45 Minuten beisteuerte: Regional 7. Produziert wurde in den Studios der Telefilm Saar in Saarbrücken. Karl-Heinz Meise, damals zuständig für die Finanzen des Projekts, erinnert sich: "Es war schon sehr umständlich. Wir mussten unseren Beitrag jeweils bis 16 Uhr fertigstellen, dann kam ein Kurier und brachte das Band mit dem Auto nach Luxemburg, wo es gesendet wurde." Eine Möglichkeit zum Überspielen des Beitrags gab es damals einfach noch nicht, die Produktion wurde zum täglichen Wettlauf gegen die Zeit. "In den fünf Jahren haben wir den Termin nur drei oder vier Mal nicht einhalten können, sonst war der Beitrag immer rechtzeitig in Luxemburg, wenn auch manchmal auf den letzten Drücker", sagt Michele Hartmann im Rückblick. Gemeinsam mit anderen SZ-Redakteuren gestaltete sie die tägliche Sendung Regional 7.

Und die kam an beim Publikum. Achim Neunzling, der vom ersten Moment als Werbefachmann dabei war, führt den Erfolg wesentlich auf das Team von damals zurück: "Wir waren mit Engagement und Spaß bei der Sache. Und wir hatten den Anspruch schneller und pfiffiger als andere zu sein - was uns mehr als einmal gelungen ist."

Gerne erinnert er sich, als er am späten Abend gegen 23 Uhr einen Anruf von SZ-Redakteur Gustav Lessau bekam: "Sie sind gelandet!", rief er ins Telefon, "besorg' sofort ein Kamerateam." Ohne zu wissen, wer oder was gelandet war, aber im vollen Vertrauen auf den Nachrichtenriecher des Kollegen, traf wenig später tatsächlich ein Kamerateam vor Ort ein. Und machte die ersten Bilder von einer Gruppe - nicht Ufos - sondern Störchen, die auf ihrem Flug im Saarland Rast machten. "Dem Publikum gefielen die kuriosen, etwas anderen Geschichten", sagt Neunzling im Rückblick.

"Äußerst erfolgreich" findet auch Udo Riedesel die Bilanz von "Regional 7". Bereits nach drei Jahren habe man schwarze Zahlen geschrieben. Riedesel war damals Abteilungsleiter Fernsehen bei der SZ und koordinierte die Zusammenarbeit mit den Kollegen von RTL Plus, allen voran mit Geert Müller-Gerbes, damals Nachrichtenchef, und mit Hans Meiser, der später wie viele andere Mitarbeiter der ersten Stunde beim inzwischen umbenannten Sender RTL Karriere machte. Von Anfang an dabei war auch Michael Karr, damals Zeitungsvolontär, der auch in die Moderatorenrolle schlüpfen musste. Er blieb dem Fernsehen nach dem Umzug von RTL von Luxemburg nach Köln treu und wurde bekannt als Vertreter von Heiner Bremer (Nachtjournal) und Peter Kloeppel (RTL aktuell). Die Saarbrücker Zeitung beendete ihr Engagement nach rund viereinhalb Jahren am 30. Juni 1988. RTL ging seinen eigenen Weg und baute das Programm aus. Zahlreiche bis heute bekannte Moderatoren prägten die ersten Jahre. Die Tortenshow "Alles nichts oder?!" mit Hugo Egon Balder und Hella von Sinnen startete 1988, ein Jahr später kam "Der heiße Stuhl" ins Programm. Es folgte unter anderem die "Mini Playback Show" mit Marijke Amado. Seitdem haben sich private Sender wie RTL fest etabliert.

 "Alles nichts oder?!" mit Hugo Egon Balder und Hella von Sinnen war einer der ersten Dauerbrenner. Schadenfreue inklusive: Am Ende der Sendung bekam immer ein prominenter Gast eine Torte ins Gesicht. Foto: RTL

"Alles nichts oder?!" mit Hugo Egon Balder und Hella von Sinnen war einer der ersten Dauerbrenner. Schadenfreue inklusive: Am Ende der Sendung bekam immer ein prominenter Gast eine Torte ins Gesicht. Foto: RTL

Hans Meiser (rechts) in seiner ersten Talkshow-Sendung am 14. September 1992. Hunderte weitere sollten folgen. Foto: RTL

Hans Meiser (rechts) in seiner ersten Talkshow-Sendung am 14. September 1992. Hunderte weitere sollten folgen. Foto: RTL

So bewarb die SZ Anfang der 80er Jahre ihr Regionalprogramm im Fernsehen. Foto: SZ

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