"Alles oder nichts" - CDU-Haudegen Mappus wird Pharma-Manager

Stuttgart. Es war eine bittere Abrechnung. Vor knapp zwei Wochen gab Baden-Württembergs Ex-Regierungschef Stefan Mappus beim CDU-Parteitag in Ludwigsburg noch mal die "Dampfmaschine", wie ihn Lothar Späth mal nannte. Die Schlappe bei der Landtagswahl Ende März sei vor allem die Schuld der Medien, wetterte der 45-Jährige. Es sei ihnen nur um den Sturz von Schwarz-Gelb gegangen

 Die "Dampfmaschine" wechselt in die Industrie. Den Spitznamen verdankt Mappus Ex-Ministerpräsident Lothar Späth. Foto: dpa

Die "Dampfmaschine" wechselt in die Industrie. Den Spitznamen verdankt Mappus Ex-Ministerpräsident Lothar Späth. Foto: dpa

Stuttgart. Es war eine bittere Abrechnung. Vor knapp zwei Wochen gab Baden-Württembergs Ex-Regierungschef Stefan Mappus beim CDU-Parteitag in Ludwigsburg noch mal die "Dampfmaschine", wie ihn Lothar Späth mal nannte. Die Schlappe bei der Landtagswahl Ende März sei vor allem die Schuld der Medien, wetterte der 45-Jährige. Es sei ihnen nur um den Sturz von Schwarz-Gelb gegangen. Wer in Mappus' Rede Selbstkritik erwartet hatte, der wurde enttäuscht. Als der stämmige Pforzheimer mit Tränen in den Augen Adieu sagte, gab es langen Applaus. Doch danach atmeten viele durch. "Unverbesserlich", kommentierte ein Führungsmitglied den Abgang des einstigen Hoffnungsträgers der Konservativen in der Union.Es ist symptomatisch, dass Mappus seinen Wechsel zum Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern Merck gestern nicht in Stuttgart bekannt gab, sondern in seiner Heimatstadt Pforzheim. In der Landeshauptstadt hat der politische Ziehsohn von Ex-Ministerpräsident Erwin Teufel vor wenigen Monaten seinen "Traumjob" verloren. Und nicht nur das: Er ist derjenige, der die stolze CDU im Südwesten nach 58 Jahren in die Opposition geführt hat. Schon im Wahlkampf hatte Mappus immer gesagt, die Alternativen seien klar: Entweder Schwarz-Gelb oder Grün-Rot - also "alles oder nichts".

Mappus, der früher mal für Siemens Telefone vertrieben hatte, verhandelte in den vergangenen Wochen mit Merck über einen Job. Wie der Kontakt zustande kam, hat der CDU-Politiker nicht verraten. Viele in der CDU glauben, da habe der Deutschland-Chef der Investmentbank Morgan Stanley, Dirk Notheis, die Finger im Spiel gehabt. Der Diplom-Ökonom Mappus folgt nun seinem Parteifreund Roland Koch, der mittlerweile Chef beim Baukonzern Bilfinger Berger ist. Der Sohn eines Schuhmachers kann jetzt richtig Geld verdienen. Spannend ist die Frage, wie sich der so bodenständige, in Pforzheim verwurzelte CDU-Mann im Ausland fühlen wird.

Seine politischen Vorbilder sind Franz Josef Strauß, Helmut Kohl und Erwin Teufel - alle drei waren lange Jahre Regierungschef. Stefan Mappus wollte ihnen nacheifern, doch seine Amtszeit als Ministerpräsident wurde nach nur gut einem Jahr jäh beendet. Dabei holte die Mappus-CDU trotz des enormen Gegenwinds durch die Diskussionen um Stuttgart 21 und die Atomkatastrophe in Fukushima noch stolze 39 Prozent bei der Landtagswahl Ende März.

Der liberale Partner schaffte bei der Landtagswahl aber nur magere 5,3 Prozent - zu wenig für eine Fortsetzung der seit 1996 bestehenden Koalition. Die Analysen der Umfrage-Institute ergaben aber auch, dass Mappus' miserable Beliebtheitswerte der CDU die entscheidenden Punkte gekostet haben. dpa

Hintergrund

Joschka Fischer, früher Außenminister, vertritt inzwischen die Interessen von Konzernen wie Siemens, BMW und RWE.

Werner Müller, zuvor als Bundeswirtschaftsminister an der Verlängerung der Kohlesubventionen beteiligt, ging 2003 als Vorstandschef zur Ruhrkohle AG.

Wolfgang Clement, Ex-Bundeswirtschaftsminister, wurde in den Aufsichtsrat des Konzerns Dussmann berufen. dpa

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