Geburtstag am Sonntag Alice Schwarzer auch mit 75 noch bissig

Köln · Seit mehr als fünf Jahrzehnten streitet Deutschlands bekannteste Feministin hartnäckig für Gleichberechtigung.

 Feiert am Sonntag Geburtstag: Alice Schwarzer.

Feiert am Sonntag Geburtstag: Alice Schwarzer.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Viele schätzen sie, manchen ist sie ein rotes Tuch. Alice Schwarzer, Deutschlands bekannteste Feministin, wird am Sonntag 75 Jahre alt – und gibt auch weiter den Ton an in Frauenfragen. Seit mehr als fünf Jahrzehnten streitet sie für Gleichberechtigung. Mutig, hartnäckig, bissig, provozierend. Starken Gegenwind – von sachlicher Kritik bis zur boshaften Häme – kennt die Journalistin. Die mitunter als „Grande Dame des Feminismus“ oder „Ikone der Frauenbewegung“ beschriebene Autorin hat ihre Basis im mittelalterlichen Bayenturm in Köln.

Dort, am Rheinufer, befindet sich die Redaktion der „Emma“. Die Zeitschrift ist untrennbar mit Schwarzer verbunden. Mit dem alle zwei Monate erscheinenden feministischen Blatt – sie nannte es einmal ihr „Kind“ – hat sie manche Schlacht geschlagen. Für das Recht auf Abtreibung, gegen Unterdrückung, Pornografie, Prostitution. Anfang 2017 ist „Emma“ 40 Jahre alt geworden – und wird noch lange gebraucht, gibt sich die Chefredakteurin und Herausgeberin überzeugt.

Was macht Schwarzer sonst aus? Was für ein Typ ist sie? Ein dickes Fell dürfte sie haben. Und ihren Grundsatz: „Frauen müssen lernen, nicht immer geliebt werden zu wollen“, wird Schwarzer selbst verinnerlicht haben. Sie sei autoritär und machtbesessen, sagen Kritiker, auch frühere Mitstreiterinnen. Kann sie Fehler einräumen? Zumindest in einem „Spiegel“-Interview hat sie mal gesagt, es sei „nicht so klug“ gewesen, bei einer Imagekampagne für die „Bild“ mitgemacht zu haben. Schwarzer hatte das Boulevardblatt stets als frauenverachtend attackiert.

Arges Kopfschütteln hatte sie mit ihrer „Bild“-Berichterstattung über den Vergewaltigungsprozess gegen den Wetterexperten und Moderator Jörg Kachelmann ausgelöst, die als parteiergreifend für die Klägerin kritisiert worden war. Kachelmann wurde freigesprochen.

Glaubwürdigkeit kostete ihre Steueraffäre 2014. Seit den 1980er Jahren führte die Publizistin ein Schweizer Konto, gab das aber erst 2013 beim Finanzamt an. Auch ihr Haus im Bergischen wurde durchsucht. Trotz Selbstanzeige und Nachzahlung von 200 000 Euro plus Säumniszinsen war ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Schwarzer beklagte Rufmord – statt Reue zu zeigen.

Die Journalistin selbst sieht sich als lebenslustig, wissensdurstig, verletzlich, wie sie in ihrer Biografie „Lebenslauf“ (2011) schreibt. Darin schildert sie ihre Kindheit ohne Vater, ihre Mutter machte sich rar. Alice wuchs in Wuppertal bei den Großeltern auf. Sie ging nach abgebrochener kaufmännischer Ausbildung nach Paris, arbeitete für die „Düsseldorfer Nachrichten“, studierte in Frankreich Psychologie und Soziologie. „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen“ machte sie 1975 berühmt. Es folgten dutzende Titel, mehrere Auszeichnungen.

Sexuelle Gewalt gehörte stets zu Schwarzers Themen. Nach den Vorwürfen gegen Hollywood-Mogul Harvey Weinstein berichten nun Millionen Frauen unter dem Hashtag #MeToo über sexuelle Übergriffe und Belästigungen. Die Heftigkeit der Reaktionen überrascht Schwarzer nicht. „Wir leben in einer Periode des Rückschlages, allgemein und für Frauen im Besonderen. Das bekommen nun auch jüngere Frauen zu spüren. Und sie beginnen, sich zu wehren.“

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