Ab 2016 stehen Ekel-Pakete in den Regalen

Brüssel/Straßburg · Mit Schockbildern und größeren Warnhinweisen auf Zigarettenpackungen soll Europas Jugend vom Rauchen abgehalten werden. Einer entsprechenden Neuregelung hat das EU-Parlament mit sehr großer Mehrheit zugestimmt.

Faulende Zähne, schwarze Lungen und amputierte Raucherbeine - wer künftig zum Glimmstängel greift, muss harte Nerven haben. Denn das Europäische Parlament hat gestern ein umfangreiches Programm beschlossen, das vor allem Jugendliche davon abhalten soll, zur Zigarette zu greifen. Brüssel setzt dabei auf Abschreckung. 65 Prozent der Vorder- und Rückseite einer Schachtel sollen mit Warnhinweisen wie "Rauchen tötet!" beschriftet werden. Die Mahnung muss auf den Seitenleisten wiederholt werden. Außerdem sind Schockfotos vorgeschrieben.

Für Markennamen, die nach Freiheit und Abenteuer klingen, bleibt nur noch wenig Platz. "Ich bin sehr erfreut über den Beschluss", erklärte EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg. Dabei hatten die Parlamentarier das ursprüngliche Papier der Kommission massiv zusammengestrichen. Von einem Verbot so genannter Slim-Zigaretten, die aufgrund ihrer schlanken Form als Synonym für gesundes Qualmen missverstanden werden könnten, ist nun keine Rede mehr. Und auch die umstrittenen elektronischen Glimmstängel dürfen weiter frei verkauft werden.

Die Beschlüsse waren bis zum Schluss umstritten. Während Unionsvertreter die Einigung mit großer Mehrheit (650 Ja-Stimmen, 43 Nein-Stimmen, 14 Enthaltungen) als "Beitrag für ein hohes Gesundheitsschutzniveau" lobten, bedauerten Sozialdemokraten wie der Chef des Gesundheitsausschusses, Matthias Groote, den weiterhin freien Verkauf von E-Zigaretten. Es sei "völlig inkonsequent", dass Aromastoffe in Liquids nicht verboten, sondern dass diese weiter mit Karamell- oder Erdbeergeschmack erhältlich sein werden. "Die Aromastoffe gaukeln einen trügerisch angenehmen Tabakgeschmack vor und verwischen die Gefährlichkeit des Nikotins", so Groote.

Grünen-Fraktionschefin Rebecca Harms warf den Befürwortern des abgespeckten Pakets vor, "nach der Pfeife der Tabaklobby zu tanzen". Tatsächlich hatten Konzerne wie Philipp Morris mit massivem Lobbying die Abgeordneten zu beeinflussen versucht. Bis zur Einführung der neuen Schachteln wird es aber noch dauern. Zunächst müssen sich Vertreter von Parlament, Mitgliedstaaten und EU-Kommission auf den gestern beschlossenen Kompromiss einigen. Doch 2016 werden auch in Deutschland die Ekel-Pakete in den Regalen stehen.

700 000 Menschen erliegen pro Jahr in den 28 Mitgliedstaaten den Nachwirkungen ihres Tabakkonsums - dies hat die Kommission gestern nochmals betont. Der CDU-Politiker Peter Liese ergänzte: "Jeden Tag sterben in Deutschland mehr als 300 Menschen an den Folgen des Rauchens." Deshalb will die EU auch Zusatzstoffe wie Menthol verbieten.

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