Auto

Brüssel · Die Betrüger haben leichtes Spiel und die Käufer sind in den meisten Fällen ahnungslos: Jetzt will die EU den Tacho-Manipulierern das Handwerk legen –  mithilfe einer Datenbank.

„Wie viele Kilometer hat das Auto auf dem Tacho?“ Für Käufer von Gebrauchtwagen ist diese Angabe fast wichtiger als das Alter eines Fahrzeugs. Doch bei jedem zweiten Gefährt im grenzüberschreitenden Handel wurde der Kilometerstand manipuliert. Nun schreitet das Europäische Parlament ein.

Die Situation ist dramatisch. Bei fünf bis zwölf Prozent aller Gebrauchtwagen auf den nationalen Märkten wurde der Tachostand manipuliert, um aus einer alten Mühle ein noch akzeptables Gefährt zu machen. Beim grenzüberschreitenden Handel liegt die Quote sogar zwischen 30 und 50 Prozent. In Polen, Europas größtem Abnehmer für gebrauchte Fahrzeuge, heißt es, dass rund 90 Prozent aller bereits genutzten Autos mit gefälschten Kilometerangaben daherkommen. Da die Wertsteigerung durch das Herumdoktern am Kilometer-Anzeiger mit 2000 bis 5000 Euro je Auto angegeben wird, rechnet die Branche mit einem wirtschaftlichen Schaden von 5,6 bis 9,6 Milliarden Euro in der gesamten Union. Die Zahlen stammen aus einer Studie des Europäischen Parlamentes, an der auch alle großen deutschen Automobil-Organisationen vom ADAC bis zum TÜV mitgewirkt haben. Nun soll Abhilfe her. Für neue Fahrzeuge dürfte dies kein Problem sein. Dort erfassen die Hersteller die Laufleistung bereits durch die Bord-Computer und können sie über den Schlüssel auslesen lasen. Dennoch bleibt ein Risiko: Denn frisch zugelassene Gefährte werden häufig schon vor dem ersten Werkstatt-Termin manipuliert. Außerdem beträgt das Durchschnittsalter der Autos auf den europäischen Straßen knapp elf Jahre. Die potenzielle Zielgruppe für Betrüger ist also groß.

„Das wichtigste Element ist der grenzübergreifende Austausch der Tachometer-Daten“, sagt der SPD-Europapolitiker Ismael Ertug, Berichterstatter für das Thema in der Volksvertretung der Gemeinschaft. „Das Beispiel Belgiens und der Niederlande zeigt, dass solche Maßnahmen Tachobetrug gegen Null reduzieren können.“ Beide Staaten haben seit 2004 ein System namens CarPass eingeführt. Dabei werden die aktuellen Stände der Kilometerzähler bei regelmäßigen technischen Überwachungen, Wartungs- und Inspektionsbesuchen in Werkstätten, aber auch von Pannenhelfern erfasst und in einer Datenbank gespeichert. Mit erkennbaren Verbesserungen: Das Phänomen des Tachometer-Betrugs verschwand nahezu völlig – zumindest auf den beiden nationalen Märkten. Im grenzüberschreitenden Handel blieben die Schummeleien konstant, weil eine europäische Lösung fehlt. Die ist nötig, denn es geht nicht nur um Betrug beim Weiterverkauf eines Fahrzeugs. Falsche Kilometerangaben führen – so das Parlament in seinem Initiativbericht, um die Kommission zum Handeln aufzufordern – zu einem völligen Durcheinander von Wartungsintervallen und dem Austausch von wichtigen Verschleißteilen zum falschen Zeitpunkt. Das betreffe die Sicherheit eines Autos ebenso wie seine Umweltbelastung.

Die Einführung einer solchen Pflicht zu Erfassung und Speicherung der aktuellen Laufleistung wäre noch dazu mit den vorhandenen Mitteln denkbar einfach, heißt es in Brüssel. Zum einen verfügt die EU mit Eucaris bereits über eine Datenbank – Einträge sind dort aber bisher freiwillig. Zum anderen hielte sich der Aufwand für Werkstätten, Tüv-Agenturen und andere in Grenzen. Denn auch bisher hinterlassen die Auto-Betreuer beim Ölwechsel und sonstigen Überprüfungen mit den Kilometerangaben – im Motorraum oder auf dem inneren Rahmen der Türen. Nur sind die eben leicht zu fälschen.

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