Thüringer SPD stimmt für Schwarz-Rot

Erfurt. Thüringens SPD hat sich für die Juniorrolle in einer Regierung mit der CDU entschieden - und erntet nun massive Kritik. Der Landesvorstand votierte in der Nacht zu Donnerstag mit 18 zu sechs Stimmen für Koalitionsverhandlungen mit der CDU und beendete damit die Pläne für eine erste rot-rot-grüne Landesregierung

Erfurt. Thüringens SPD hat sich für die Juniorrolle in einer Regierung mit der CDU entschieden - und erntet nun massive Kritik. Der Landesvorstand votierte in der Nacht zu Donnerstag mit 18 zu sechs Stimmen für Koalitionsverhandlungen mit der CDU und beendete damit die Pläne für eine erste rot-rot-grüne Landesregierung.

SPD-Chef Christoph Matschie (Foto: dpa) verteidigte die Entscheidung als stabile und reformorientierte Lösung. Aus den eigenen Reihen sowie von Linken und Grünen wurde er heftig attackiert. Mit der SPD-Entscheidung steht Christine Lieberknecht als erste CDU-Frau vor dem Sprung an die Spitze einer Landesregierung.

Die Entscheidung des SPD-Vorstands stellt die Landespartei vor eine Zerreißprobe. Nach dem heftigen Landtagswahlkampf gegen die CDU und der herben eigenen Niederlage bei der Bundestagswahl hatten sich viele Sozialdemokraten ein linkes Bündnis gewünscht. Matschie geht davon aus, dass er sie davon überzeugen kann, dass der Schritt zur CDU die verantwortbarere Option ist. Etliche Gegner sehen angesichts der Alternativen wenig Chancen zur Gegenwehr.

Der Landesvorsitzende der Linken, Knut Korschewsky, bezeichnete die SPD-Entscheidung als "Wählerbetrug". Linke-Verhandlungsführer Bodo Ramelow, der wie zuletzt auch Matschie seinen persönlichen Anspruch auf das Ministerpräsidentenamt aufgegeben hatte, sprach von einem "unwürdigen Schauspiel". Die SPD habe die Sondierungen als reine "Medieninszenierungen" ohne Interesse an einem Politikwechsel betrieben. Für ihn gelte nun: "Lieber ehrliche Opposition, als an einer unehrlichen Landesregierung teilzunehmen." Rot-Rot-Grün war auch an der Vorfestlegung der SPD gescheitert, keinen Regierungschef der stärkeren Linken zu wählen. "Matschie hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt", erklärte der Bundesgeschäftsführer der Linken, Dietmar Bartsch, in Berlin. Die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, warf Matschie vor: "Die SPD verscherbelt für ein paar Silberlinge den Neuanfang, den sie versprochen hat." Thüringens Bündnisgrüne zeigten sich enttäuscht. "Die SPD traut sich selber nicht über den Weg, und so geht sie nun in den sicheren Hafen", sagte Landessprecherin Astrid Rothe-Beinlich. Allerdings hatten sich auch die Grünen immer skeptisch zu den Chancen von Rot-Rot-Grün geäußert. Lieberknecht, die am Donnerstag einstimmig als künftige CDU-Vorsitzende nominiert wurde, bekräftigte, dass sie für eine "verlässliche und faire Partnerschaft auf Augenhöhe" in einer Koalition mit der SPD stehe. In den Sondierungsgesprächen sei auch "sehr intensiv über den politischen Umgang miteinander gesprochen worden". In der Vergangenheit hatte die SPD-Opposition der Union immer wieder "Arroganz der Macht" vorgeworfen. dpa/ddp

Meinung

Aus Angst vor dem Tod

Von SZ-Korrespondent

Stefan Vetter

Es ist schon ein Stück aus dem Tollhaus, dass der Thüringer SPD-Vorsitzende Christoph Matschie die Linkspartei der "Unfähigkeit" bezichtigt, weil die partout keinen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten mittragen wollte. Zur Erinnerung: Bei der Landtagswahl vor fünf Wochen hatte die SPD um fast neun Prozent schlechter abgeschnitten als die Linkspartei. Danach hatten sich die Linken den Genossen von der Konkurrenz trotzdem beinahe bis zur Selbstaufgabe angedient. Dass Matschie diese Tatsachen ignoriert, lässt sich nur mit einer XXL-Portion an Realitätsverlust erklären.

Die große Koalition hat die SPD ganz klein gemacht. Gut möglich, dass sich dieser Niedergang nun auch in Thüringen fortsetzt. Aus Angst vor dem Tod ist die Landes-SPD drauf und dran, Selbstmord zu begehen.

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