Thalys-Angreifer schaute vor Tat offenbar dschihadistisches Video

Paris · Nach dem Angriff auf einen Thalys-Schnellzug verdichten sich die Hinweise auf ein islamistisches Motiv des Täters. In Belgien durchsuchten Anti-Terror-Ermittler unterdessen zwei Wohnungen in Brüssel.

Der Angreifer im Thalys-Schnellzug auf dem Weg nach Paris wollte nach Überzeugung der Pariser Staatsanwaltschaft einen islamistischen Anschlag verüben. Gegen den Marokkaner Ayoub El Khazzani wurden richterliche Vorermittlungen wegen versuchten Mordes im Zusammenhang mit einem Terrorvorhaben eingeleitet, wie Staatsanwalt François Molins gestern in Paris sagte. Nicht glaubwürdig seien Angaben des 25-Jährigen, er habe lediglich die Thalys-Passagiere ausrauben wollen. Mit seiner schweren Bewaffnung - eine Kalaschnikow mit insgesamt 270 Schuss Munition, einer Pistole der Marke Luger und einem Teppichmesser - hätte El Khazzani eine "große Zahl Menschen töten oder schwer verletzen können", sagte Molins. Der Marokkaner sei in der Vergangenheit als radikaler Islamist aufgefallen und habe noch im Zug auf seinem Handy ein YouTube-Video angeschaut, in dem zu "gewaltsamen Aktionen im Namen des Islam" aufgerufen wird. Das Handy sei erst am Tag der Tat aktiviert worden. Molins verwies auch auf das "entschlossene" Vorgehen des Mannes, der bei dem Angriff alle Waffen gezogen hatte. Auch eine Flasche mit einem halben Liter Benzin führte er mit sich. Neben Mordversuchen werden dem 25-Jährigen die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Gruppe und unerlaubter Waffenbesitz zur Last gelegt.

Im Brüsseler Stadtteil Molenbeek-Saint-Jean durchsuchte die Polizei gestern Wohnungen der Schwester des Verdächtigen und eines Freundes. Besonders interessierten sich die Ermittler für eine Reise des Mannes in die Türkei - es besteht der Verdacht, dass er von dort aus in das Bürgerkriegsland Syrien reiste, das in Teilen von der Dschihadisten-Miliz Islamischer Staat (IS) kontrolliert wird.

Molins bestätigte, dass El Khazzani am 10. Mai von Berlin aus nach Istanbul flog. Am 4. Juni flog er schließlich aus der türkischen Stadt Antakya nahe der Grenze zu Syrien über Istanbul in die albanische Hauptstadt Tirana.

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