Terror im Luxushotel

Bamako · Erst vor Kurzem hat die Bundesregierung beschlossen, den Einsatz der Bundeswehr in Mali auszuweiten. Wie gefährlich es dort ist, zeigte sich am Freitag erneut. Bei einem Terrorangriff starben mindestens 21 Menschen.

Das Luxushotel Radisson Blu in der Hauptstadt von Mali ist sicher. So sahen es Geschäftsleute, Diplomaten und auch die Vereinten Nationen. Der Anschlag der mutmaßlichen Islamisten auf das noble Hotel in Bamako hat daher große Symbolkraft: Nichts ist vor uns sicher, das ist die Botschaft der Dschihadisten . Die Geiselnehmer wollen die gerade begonnene Stabilisierung Malis verhindern. Die selbst ernannten Gotteskrieger hatten es offenbar gezielt auf Nicht-Muslime abgesehen. Wer das islamische Glaubensbekenntnis rezitieren konnte, wurde freigelassen, sagte ein Polizeibeamter. Damit wiederholt sich ein Muster, das schon bei anderen Anschlägen in Afrika zu Tage kam, etwa in Nigeria oder Kenia: Getötet werden sollen vor allem Andersgläubige. Am Freitag haben die Geiselnehmer zunächst rund 170 Menschen in ihrer Gewalt. Am Nachmittag beginnen malische Sicherheitskräfte, das Hotel zu stürmen. Dutzende Geiseln können entkommen, auch vier Deutsche überleben. Als der Horror beendet ist, sind mindestens 21 Menschen tot.

Der Angriff in Mali ereignete sich nur eine Woche nach den Anschlägen von Paris, zu denen sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannte. Zu dem Anschlag in Bamako bekannte sich die Dschihadistengruppe Al-Mourabitoun des vor Monaten für tot erklärten algerischen Islamisten Mokhtar Belmokhtar. Beim Nachrichtensender Al-Dschasira und beim mauretanischen Nachrichtenportal Al-Achbar gingen am Freitagabend Bekennerbotschaften ein.

Im Norden Malis sind seit Jahren islamische Extremisten aktiv. Der Norden des Landes, dominiert von der Sahara, ist etwa so groß wie Frankreich und kaum effektiv zu überwachen. Die Grenzen in der Wüste zu den Nachbarstaaten Algerien und Niger sind durchlässig. Im Norden leben auch die Tuareg, die seit Jahrzehnten nach mehr Autonomie oder Unabhängigkeit streben. 2012 übernahmen die Tuareg und islamistische Gruppen die Macht in Nordmali. Erst ein militärisches Eingreifen Frankreichs im Januar 2013 ermöglichte die Rück eroberung der Gebiete. Im Juli wurde ein Friedensabkommen geschlossen, das unter anderem die Schaffung von Regionalvertretungen vorsieht. Neben einer EU-Mission gibt es in Mali auch einen UN-Blauhelmeinsatz mit mehr als 10 000 Soldaten und Polizisten. Bei der Stabilisierung des volatilen Nordens soll nun auch die Bundeswehr helfen. Ende Juli sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, man brauche dazu einen "langen Atem und große Ausdauer". Die CDU-Politikerin zeigte sich jedoch auch zuversichtlich. Die internationale Gemeinschaft könne hier "einen Stabilitätsanker entwickeln".

Genau das wollen die sunnitischen Fundamentalisten aus dem Norden verhindern. In den vergangenen Monaten ist die Zahl ihrer Angriffe deutlich gestiegen. Erst im August hatten radikale Islamisten ein bei UN-Mitarbeitern beliebtes Hotel nördlich von Bamako in ihre Gewalt gebracht. Nach einer 24-stündigen Geiselnahme waren 13 Menschen tot, darunter fünf UN-Mitarbeiter.

Mali hat 17 Millionen Einwohner, ist aber 3,5 mal so groß wie Deutschland. Das Land gehört einem umfassenden UN-Entwicklungsindex zufolge zu den ärmsten Ländern der Welt. Aktuell sind in Mali mehr als 200 deutsche Soldaten als Teil der EU-Mission stationiert; das Bundestagsmandat erlaubt den Einsatz von bis zu 350 Soldaten . Im Frühjahr sollen zusätzlich mehrere Hundert Bundeswehr-Angehörige in den Norden geschickt werden. Ursprünglich sollte das noch vor Jahresende vom Kabinett gebilligt werden. Nach Paris wurden erneut Fragen laut, was Deutschland im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus leistet. Regierungsmitglieder wiesen dann gerne auf den künftigen Einsatz in Nordmali hin. Wie gefährlich Mali sein kann, machte der Anschlag deutlich. Dennoch hält die Regierung an ihren Plänen fest. Die Tat habe "keinen Einfluss", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Meinung:

Gefährlicher Einsatz

Von SZ-MitarbeiterRalph Schulze

Es ist vermutlich kein Zufall, dass eine Woche nach der Terrorserie in Paris das westafrikanische Mali der Schauplatz einer neuen Attacke ist. Das Land war bis 1960 eine französische Kolonie. Und Frankreich spielt dort bis heute die Rolle einer Schutzmacht. So griff die französische Armee 2013 ein, um das Vorrücken islamistischer Rebellen aus dem Norden Richtung Bamako zu stoppen. Die Dschihadisten konnten zwar zurückgeschlagen, aber nicht besiegt werden. In Nordmali geben immer noch die Islamisten den Ton an - und nicht die demokratisch gewählte Regierung in Bamako . Jene westlichen Staaten, die nun - wie Deutschland - darüber nachdenken, sich militärisch stärker in Mali zu engagieren, sollten sich also darauf einstellen, dass dies kein Spaziergang werden dürfte.

Zum Thema:

HintergrundNach den Terroranschlägen von Paris ist die Zahl der Todesopfer von 129 auf 130 gestiegen. Das gab Ministerpräsident Manuel Valls am Freitag bekannt. Gut 350 Menschen wurden bei den Attacken am Freitagabend vergangener Woche teilweise schwer verletzt. dpa Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen einen möglichen Mitwisser der Terrorserie von Paris. Es handelt sich um einen 39 Jahre alten Algerier, der im sauerländischen Arnsberg (Nordrhein-Westfalen) festgenommen worden war und in Untersuchungshaft sitzt. Das bestätigte ein Sprecher der Behörde. Insgesamt liefen im Zusammenhang mit den Anschlägen vier Verfahren. dpa Die Cousine des belgischen Islamisten Abdelhamid Abaaoud hat sich nach neuen Erkenntnissen der Polizei doch nicht in die Luft gesprengt. Den Sprengstoffgürtel zündete demnach ein Mann. Nach dem Einsatz in dem Pariser Vorort Saint-Denis wurde am Freitag eine dritte Leiche gefunden, die später als Hasna Ait Boulahcen identifiziert wurde. Die zwei zuvor bereits gefundenen, sehr stark verstümmelten Leichen waren entgegen ersten Annahmen beide männlich. Es handelt sich um Abaaoud, der als einer der Drahtzieher der Anschläge von Paris gilt, und einen bisher Unbekannten. Dieser soll den Sprengstoffgürtel gezündet haben. afp Es war keine Bombenattrappe, die am Dienstagabend in einem Zug in Hannover gefunden wurde. Vielmehr handelte es sich um ein vergessenes Paket mit Drähten und Elektronikbauteilen. Der Eigentümer sei ein Ingenieur und habe "glaubhaft" versichert, dass er das Päckchen beim Umsteigen versehentlich in dem Zug zurückgelassen habe, sagte ein Polizeisprecher. afp

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