Tempo bei Gesundheitsreform

Berlin. Nach monatelangem Gezerre um die Gesundheitsreform drückt die Koalition nun aufs Tempo. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beriet gestern mit den Spitzen der Koalition über Maßnahmen gegen das Milliardendefizit in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein CDU-Vorschlag für einen gestaffelten Zusatzbeitrag stieß bei FDP, Gewerkschaften und Sozialverbänden auf Ablehnung

Berlin. Nach monatelangem Gezerre um die Gesundheitsreform drückt die Koalition nun aufs Tempo. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beriet gestern mit den Spitzen der Koalition über Maßnahmen gegen das Milliardendefizit in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein CDU-Vorschlag für einen gestaffelten Zusatzbeitrag stieß bei FDP, Gewerkschaften und Sozialverbänden auf Ablehnung. Laut einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" sieht das Kompromissmodell der CDU vor, die Zusatzbeiträge nach dem Einkommen der Versicherten zu staffeln. Bis zu einem Einkommen von 1400 Euro soll demnach der maximal mögliche Zusatzbeitrag wie bisher bei einem Prozent des Einkommens liegen. Bis zur so genannten Beitragsbemessungsgrenze von 3750 Euro soll der Satz dann schrittweise auf 2,5 Prozent steigen. Für Gutverdiener würde damit die Zusatzbelastung von bisher höchstens 37,50 Euro auf 93,57 Euro monatlich steigen.

Die FDP erteilte dem eine Absage. "Falls es das Modell ist, das die CDU vor drei Wochen in die Beratungen eingebracht hat, dann spielt es keine Rolle mehr", sagte FDP-Fraktionsvize Ulrike Flach der Tageszeitung "Die Welt". Der Sozialverband Deutschland (SoVD) warnte, durch gestaffelte Zusatzbeiträge wären dem Niedergang der solidarischen Krankenversicherung "Tür und Tor geöffnet". Damit würden Anreize für einen Wechsel von freiwillig gesetzlich Versicherten in die private Krankenversicherung geschaffen.

Auch der DGB lehnte eine Ausweitung der Zusatzbeiträge ab. "Es ist völlig inakzeptabel, wenn die Versicherten das Milliardendefizit alleine tragen und die Arbeitgeber keinen Cent aufbringen müssten", erklärte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Die DGB-Reformkommission zur Gesundheitspolitik, der Gewerkschaften und Sozialverbände angehören, forderte in einer Erklärung einen "solidarischen Kraftakt" im Kampf gegen das Kassendefizit.

Union und FDP ringen seit Monaten um eine gemeinsame Linie in der Gesundheitspolitik. Noch vor der Sommerpause soll ein Konzept vorliegen. Den gesetzlichen Kassen droht im kommenden Jahr ein Defizit von elf Milliarden Euro. Vier Milliarden Euro davon will die Koalition durch Einsparungen auffangen. Dazu hat sie bereits ein Sparpaket für den Arzneimittelsektor auf den Weg gebracht. Auf die gesetzlich Versicherten kommen aber auch zusätzliche Belastungen zu, in welcher Form, ist noch unklar. Das Modell von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP, Foto: dpa) für den Einstieg in eine einkommensunabhängige Gesundheitsprämie lehnt die CSU ab.

Rösler wollte im Anschluss an das Treffen der Koalitionsspitzen mit der Kanzlerin gestern erneut mit den Fachpolitikern zusammenkommen. Eine weitere Spitzenrunde ist für heute Morgen geplant. afp

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