Taxitest der Uni Innsbruck: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Bonn. Ökonomen sprechen von "Vertrauensgütern", wenn sich im Handel zwei Partner nicht auf Augenhöhe begegnen. Das gilt fürs Verhältnis zwischen Arzt und Patient, Automechaniker und Autofahrer. Weil oft der Empfänger einer Dienstleistung nicht einmal im Nachhinein ihre Qualität bewerten kann, eröffnen sich für den Anbieter Möglichkeiten zu mogeln

Bonn. Ökonomen sprechen von "Vertrauensgütern", wenn sich im Handel zwei Partner nicht auf Augenhöhe begegnen. Das gilt fürs Verhältnis zwischen Arzt und Patient, Automechaniker und Autofahrer. Weil oft der Empfänger einer Dienstleistung nicht einmal im Nachhinein ihre Qualität bewerten kann, eröffnen sich für den Anbieter Möglichkeiten zu mogeln. Das kann zu immensen Schäden führen, so das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA). Das US-Verkehrsministerium gehe davon aus, dass über die Hälfte aller Autoreparaturen in den USA unnötig seien. Studien aus der Schweiz zeigten, dass der Durchschnittspatient um ein Drittel häufiger operiert werde als Ärzte und deren Angehörige.Wie groß die Versuchung ist, den Vorteil in einem ungleichen Verhältnis auszunutzen, sollte nun eine IZA-Studie unter Taxifahrern in Athen zeigen. Nutzen diese ihre Ortskenntnis, um ortsunkundige Kunden auf Umwegen zum Ziel zu kutschieren oder mit anderen Tricks den Preis hochzutreiben? Dieser Frage gingen Forscher der Universität Innsbruck in einer Studie für das IZA nach. Bei ihrem Taxitest in Athen fanden sie wenig Erfreuliches heraus. Jeder zweite Taxikunde zahle zu viel. Ortsfremde Fahrgäste seien dabei die bevorzugten Opfer.

Drei Testfahrer

Für ihr Experiment schickten die Forscher drei Versuchspersonen auf 174 Testfahrten quer durch Athen. Sie legten in 63 Stunden 2236 Kilometer zurück, notierten die Wissenschaftler akribisch. Um die tatsächlich gefahrene Strecke mit der optimalen Route vergleichen zu können, nutzten sie GPS-Geräte.

Ein Testfahrer habe nur Englisch gesprochen, ein weiterer mimte einen ortsfremden Griechen, der dritte gab sich als Athener aus. Das Ergebnis ist nicht erbaulich: Fast jeden zweiten Passagier hätten die Taxifahrer über einen Umweg zum Ziel kutschiert, der mindestens fünf Prozent über der optimalen Fahrstrecke gelegen habe. Bei ortsfremden Kunden sei der Umweg am weitesten gewesen.

Insgesamt schätzten die Taxifahrer bei Ausländern das Risiko erwischt zu werden, offenbar geringer ein. Im Schnitt habe der "Athener" vier Prozent mehr als für die optimale Fahrt bezahlt, der "ortsfremde Grieche" neun Prozent. "Ausländer" seien mit 19 Prozent zusätzlich zur Kasse gebeten wurden. Der Informationsvorsprung gegenüber dem Kunden habe damit entscheidenden Einfluss aufs Ausmaß des Betrugs. Bei den Testfahrten sei aber nur jedem zehnten Fahrgast eine Rechnung präsentiert worden, die nicht den gefahrenen Kilometern entsprach. Das Risiko, dass dies auffällt, sei eben wesentlich höher als bei einem leicht zu erklärenden Umweg, so der Ökonom Matthias Sutter. np

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