Tauziehen um Rente ab 63

Berlin · Fingerhakeln bis zum Schluss: Um Kernpunkte des Rentenpakets wird hinter den Kulissen heftig gerungen. Die Beteiligten hüllen sich in Schweigen, wollen aber bis Montagabend eine Lösung gegen den Missbrauch von Frühverrentung gefunden ha ben.

Gut eine Woche vor der geplanten Verabschiedung des Rentenpakets im Bundestag hat sich die schwarz-rote Koalition über wichtige Details noch nicht geeinigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass eine Frühverrentungswelle bei der abschlagsfreien Rente ab 63 verhindert werden kann. "Mit etwas Kreativität werden wir in der Koalition auch eine Lösung finden", sagte Merkel gestern.

Der Zwist dreht sich um Befürchtungen von Union und Wirtschaft, die Anrechnung von Arbeitslosenzeiten auf die erforderlichen 45 Versicherungsjahre könnte Frühverrentungen Tür und Tor öffnen. Dies wäre durch eine "rollierende Stichtagsregelung" zu verhindern, über die derzeit spekuliert wird. Merkel nahm dazu nicht konkret Stellung.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) geht davon aus, dass das Rentenpaket von Union und SPD bei der Abstimmung am Freitag kommender Woche eine Mehrheit im Bundestag bekommt. "Das ist eine wichtige Weichenstellung für mehr soziale Gerechtigkeit."

Das Rentenpaket besteht aus verbesserter Mütterrente, abschlagsfreier Rente ab 63 sowie Verbesserungen bei Erwerbsminderungsrente und Reha-Leistungen. Es kostet pro Jahr zwischen neun und elf Milliarden Euro und wird aus der Rentenkasse bezahlt.

Nach der jetzigen Regelung könnten sich 61-Jährige arbeitslos melden, um dann zwei Jahre später die abschlagsfreie Rente in Anspruch zu nehmen. Das nun diskutierte rollierende Modell würde die Anrechnung von Arbeitslosenzeiten von einem bestimmten Stichtag an ausschließen. Dieser wäre aber nicht einheitlich, sondern individuell festgesetzt: jeweils genau zwei Jahre vor Eintritt in die Frührente.

"Es gibt aber noch keine Einigung", sagte dazu eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums. Gegen die rollierende Stichtagsregelung gibt es in der Regierung Bedenken: "Es bestehen verfassungsrechtliche Risiken", heißt es in einer Stellungnahme von Bundesinnenministerium, Justizministerium und Arbeitsministerium, aus der die Dortmunder "Ruhr Nachrichten" zitieren. Das Papier stammt dem Vernehmen nach aus dem März.

Eine solche Regelung könne "auch Personen erfassen, bei denen kein Mitnahmeeffekt vorliegt und deren Arbeitslosenzeiten nach der Entscheidung des Gesetzgebers potenziell berücksichtigungsfähig sind", zitiert die Zeitung aus der Stellungnahme. Die Regelung müsse sich am Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes messen lassen.

Die Sprecherin des Arbeitsministerium sagte dazu, die Gespräche über die Rente seien noch nicht abgeschlossen. "Eine Lösung wird in jedem Fall verfassungskonform sein." Um den parlamentarischen Fahrplan einhalten zu können, wird eine Verständigung bis Montagabend angestrebt.

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