Tag der Ernüchterung

Washington/Boston. Irgendwie muss Mitt Romney auf seinem Flug nach Boston, wo die Siegesfeier stattfinden sollte, das Unheil geahnt haben. "Meine Kampagne war nicht perfekt", gesteht er da plötzlich mitreisenden Journalisten ein, "aber ich bin sehr stolz und bedauere es nicht." So spricht kein Sieger

Washington/Boston. Irgendwie muss Mitt Romney auf seinem Flug nach Boston, wo die Siegesfeier stattfinden sollte, das Unheil geahnt haben. "Meine Kampagne war nicht perfekt", gesteht er da plötzlich mitreisenden Journalisten ein, "aber ich bin sehr stolz und bedauere es nicht." So spricht kein Sieger. Als die Fernsehsender die Nachricht vom absehbaren Verlust Ohios melden und Barack Obama eine knappe Stunde vor Mitternacht zum Gewinner erklären, herrscht im Kongresszentrum in Boston bereits Katerstimmung unter seinen Anhängern. Viele verlassen den Saal, in dem der Sekt schal wird. Doch mit dem offiziellen Eingeständnis, verloren zu haben, lässt sich Romney Zeit. Er will das Ende der Auszählungen in Ohio abwarten, obwohl CNN längst erklärt, er habe keine Chance mehr, rechnerisch noch nach vorn zu kommen.Erst um Mitternacht tritt er vor die Mikrofone and wünscht dem Präsidenten in einer kurzen, kraftlosen Rede "viel Glück bei den Herausforderungen". Zuvor hat er Obama persönlich gratuliert. Den Mitarbeitern und Fans dankt Romney mit den Worten: "Ihr seid die Besten." Eine Verliererrede hatte er absichtlich nicht geschrieben, und das rächt sich nun. Unter den Analysten und in den Reihen der Republikaner hat unterdessen längst die Forschung nach den Ursachen der Niederlage begonnen. War es der Umstand, dass Romney viel zu lange wartete, sich selbst als Anwalt der Mittelklasse neu zu definieren - und damit den Demokraten die Chance gab, ihn als Fürsprecher der Reichen im Land und Elitist abzustempeln? War es der Umstand, dass sich die Lage am Job-Markt zuletzt leicht verbesserte und er deshalb von diesem Thema nicht mehr maximalen Profit erhielt? War es das ständige Wechseln politischer Positionen? Oder war es Hurrikan "Sandy", der dem Konkurrenten Obama eine perfekte Bühne verschaffte, sich zu profilieren?

Am Ende wird es wohl eine Kombination aus all dem gewesen sein, die Romney zu Fall brachte - ergänzt durch Arroganz und jede Menge Fettnäpfchen. Großen Schaden hat ihm das heimlich gefilmte Handy-Video zugefügt, in dem er über die Obama-Wähler als Nutzer der staatlichen sozialen Netze herzog, die keinerlei Ehrgeiz besäßen, ihre Situation zu verändern. die

"Meine Kampagne

war nicht perfekt, aber ich bin sehr stolz und bedauere es nicht."

Republikaner Mitt Romney

am Wahltag - noch vor Bekanntwerden der

ersten Ergebnisse.

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