Syrien reagiert nicht auf Angriff

Damaskus/Tel Aviv · „Israel hat mit seinen Angriffen die Tür aufgestoßen für alle möglichen Reaktionen“, verkündet das syrische Regime nach dem Bombardement bei Damaskus von Sonntag. Doch es bleibt zunächst bei Rhetorik.

Nach den Luftangriffen im Nachbarland Syrien herrscht in Israel erhöhte Alarmbereitschaft. Bis gestern beschränkte sich die Reaktion der Regierung in Damaskus jedoch auf Drohungen. Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter erklärte, bei den israelischen Angriffen in der Nacht zum Sonntag seien im Umland von Damaskus mindestens 42 Soldaten getötet worden. Das Schicksal von 100 weiteren vermissten Soldaten sei noch ungeklärt. Die Getöteten sollen der Republikanischen Garde angehören, die für die Sicherheit von Präsident Baschar al-Assad zuständig ist.

International lösten die Bombardements erhebliche Besorgnis aus. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief alle Seiten "zu höchstmöglicher Ruhe und Zurückhaltung" auf, um eine Eskalation zu vermeiden. China mahnte alle Konfliktparteien, den Frieden und die Stabilität in der Region zu wahren und jegliche Handlung zu vermeiden, die die Lage weiter eskalieren lassen könnte. Ein Sprecher des russischen Außenministeriums erklärte: "Das weitere Schüren von militärischen Konfrontationen erhöht das Risiko der Entstehung neuer Spannungsherde dramatisch, nicht nur in Syrien, sondern auch im Libanon." Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton warnte vor einer Ausweitung des Konflikts.

Israelische Militärs rechnen laut einem Bericht des israelischen Rundfunks nicht mit einem syrischen Gegenangriff, weil das Regime von Baschar al-Assad zu sehr mit dem eigenen Überleben beschäftigt sei. Dennoch stelle sich die Armee auf eine mögliche Reaktion der libanesischen Hisbollah und sogar des Irans ein.

Der Angriff galt nach Medienberichten einer Lieferung iranischer Raketen des Typs Fateh-110 an die mit Israel verfeindete Hisbollah.

Die unabhängige Syrien-Kommission der Vereinten Nationen relativierte gestern Aussagen der UN-Expertin Carla del Ponte über einen Chemiewaffeneinsatz durch Rebellen in Syrien. Es gebe "keine beweiskräftigen Ermittlungsergebnisse für einen Chemiewaffeneinsatz in Syrien durch irgendeine der an dem Konflikt beteiligten Parteien", erklärte die Kommission. "Daher ist die Kommission derzeit nicht in der Lage, diese Behauptungen weiter zu kommentieren."

Die Erklärung kommt einem Dementi zu Medien-Äußerungen Del Pontes nahe, die selbst Mitglied der Experten-Kommission ist. Sie hatte am Sonntagabend in einem Fernsehinterview erklärt: "Nach den Aussagen, die wir gesammelt haben, haben die Rebellen Chemiewaffen eingesetzt und auf das Gas Sarin zurückgegriffen." Die frühere Chefanklägerin der UN-Gerichte für Ex-Jugoslawien und Ruanda hatte im Schweizer Fernsehsender RSI hinzugefügt, die Ermittlungen seien noch lange nicht abgeschlossen, und weitere gründliche Recherchen seien nötig.

Luai al-Mekdad, ein Sprecher der Freien Syrischen Armee (FSA), sagte: "Wir besitzen kein Sarin-Gas, und wir streben auch nicht danach, es in unseren Besitz zu bringen."

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