Südafrika wählt mal wieder ANC

Kapstadt · Auch 20 Jahre danach honorieren die Südafrikaner den Sieg des ANC über die rassistische Apartheid. Trotz Skandalen, Massenarmut und Korruption bekommt der ANC eine satte Mehrheit. Aber langsam holt die Opposition auf.

Desmond Tutu weiß, dass man oft auch für Normalität tief dankbar sein muss. "Es ist wunderbar", sagte der Ex-Erzbischof von Kapstadt strahlend, als er nach der Stimmabgabe aus dem Wahllokal in Milnerton kam. "Wir können friedlich wählen, das ist entscheidend, dafür sind Menschen gestorben, haben gelitten, sind ins Gefängnis gegangen", so der Friedensnobelpreisträger.

Die Freude über ereignislose Wahlen wird nur mit einem Blick zurück auf das rassistische Apartheidsregime verständlich: Angesichts der erbitterten Kämpfe zwischen Schwarzen und Weißen im vergangenen Jahrhundert gilt die Stabilität Südafrikas seit 1994 vor allem als Verdienst des Nationalhelden Nelson Mandela. Der einstige Chef des auch diesmal siegreichen Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) hatte Anfang der 90er Jahre mit Führungsstärke, Charisma und Vision Südafrika vor der Katastrophe eines Bürgerkriegs bewahrt.

Davon profitiert der ANC und dessen Chef, Präsident Jacob Zuma, bis heute - das zeigt auch dieser Urnengang. Deutlich über 60 Prozent der Stimmen und damit kaum Verluste gegenüber 2009 sind ein beachtlicher Erfolg für die Partei und ihr Bündnis mit Gewerkschaften und Kommunisten. Die vielen Skandale Zumas, die Korruptionsaffären in der Regierung oder die gravierenden sozialen Probleme Südafrikas verhinderten den Wahlsieg nicht.

Hoffnungen auf ein allzu gutes Abschneiden machte sich die größte Oppositionspartei nicht wirklich. Auch wenn die Chefin der Demokratischen Allianz (DA), Helen Zille, noch am Montag betonte: "Wir können Geschichte schreiben." Damit meinte die deutschstämmige Regierungschefin im Westkap aber nicht einen Machtwechsel. Die DA spekulierte im besten Fall auf kräftige Gewinne und ein gutes Viertel aller Stimmen. Aber der erhoffte "Denkzettel" für Zuma blieb aus.

Einzig der Sprung der erst 2013 gegründeten, linksradikalen Partei Kämpfer für Wirtschaftsfreiheit auf den dritten Platz könnte der machtverwöhnten ANC-Spitze künftig Sorgen bereiten. Die Partei des Populisten Julius Malema dürfte die Stimme der vielen Unzufriedenen im Lande werden - deren teilweise gewalttätige Proteste seit 2012 immer stärker zunehmen. Auch im 5. Parlament der jungen südafrikanischen Demokratie braucht der ANC kaum etwas fürchten - die Stimme des Volkes auf der Straße dagegen aber vielleicht sehr viel mehr.

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