Studenten in Wartestellung
München. Die bayerische CSU/FDP-Koalition geht mit einem ungelösten Streit über die Studiengebühren ins Landtagswahljahr. Bei einem rund sechsstündigen Spitzentreffen in der Staatskanzlei konnten sich die Spitzen am Samstag nicht auf eine gemeinsame Linie einigen - und vertagten den Streit schließlich auf Januar. Die Studiengebühren bleiben damit vorläufig erhalten
München. Die bayerische CSU/FDP-Koalition geht mit einem ungelösten Streit über die Studiengebühren ins Landtagswahljahr. Bei einem rund sechsstündigen Spitzentreffen in der Staatskanzlei konnten sich die Spitzen am Samstag nicht auf eine gemeinsame Linie einigen - und vertagten den Streit schließlich auf Januar. Die Studiengebühren bleiben damit vorläufig erhalten. Spekulationen über einen Koalitionsbruch, die es zuvor vereinzelt in den Reihen der CSU gegeben hatte, wiesen beide Parteispitzen zurück.Die CSU würde die Studiengebühren entgegen ihrer bisherigen Linie am liebsten sofort abschaffen, um eine Niederlage beim anstehenden Volksbegehren samt voraussichtlichem Volksentscheid zu vermeiden. Sie konnte sich damit allerdings nicht gegen die Liberalen durchsetzen. Studiengebühren gibt es nur noch in Niedersachsen und Bayern. Bayerns FDP-Chef Thomas Hacker forderte mehr Standhaftigkeit von der CSU: Eine Partei dürfe nicht "davonlaufen", wenn sie eine Niederlage bei einem Volksentscheid erwarte.
"Der Dissens konnte heute nicht beseitigt werden - er besteht fort", räumte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nach Ende der stundenlangen Beratungen am Abend ein und betonte: "Die CSU ist für die sofortige Abschaffung der Studiengebühren unabhängig von dem angestrebten Volksentscheid." Den Hochschulen könne auch so ausreichend Geld aus dem Haushalt für hochwertigste Studienbedingungen zur Verfügung gestellt werden.
FDP-Landeschefin und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte dagegen: "Die FDP ist weiterhin der Auffassung, dass wir die Studienbeiträge beibehalten sollten." Diese hätten zu dem hervorragenden Niveau der Studienbedingungen in Bayern geführt. Außerdem seien die Gebühren eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, hieß es von den Liberalen.
Seehofer und Leutheusser-Schnarrenberger betonten aber, dass die Koalitionsspitzen nach Weihnachten und vor dem Volksbegehren noch einmal über die Studiengebühren beraten wollten. Zudem lobten beide die freundschaftliche Atmosphäre des Gesprächs. Seehofer sagte, es sei zwar nicht möglich, die Aussagen Einzelner zu verhindern, aber: "Ich habe nie von einem Koalitionsbruch gesprochen." Und dies gelte auch für die FDP-Spitze.
Die Koalition sorgt sicherheitshalber aber für das mögliche Aus der Studiengebühren vor. Ein Teil der neuen Steuermehreinnahmen von knapp 370 Millionen Euro soll dafür auf die Seite gelegt werden. "Zu einer soliden Politik gehört auch Vorsorge in allen Bereichen", sagte Seehofer.
Der Streit über die Studiengebühren hatte die Koalition knapp ein Jahr vor der Landtagswahl in eine schwere Krise gestürzt. Einzelne CSU-Politiker drohten der FDP sogar mit einem Koalitionsbruch und Neuwahlen - was die Liberalen demonstrativ gelassen nahmen. dpa/dapd
Meinung
Seehofers unseriöse Politik
Von SZ-RedakteurUlrich Brenner
Dass in Bayern die Tage der Studiengebühren gezählt sind, kann die Saar-Parteien freuen. Haben dann doch die (nicht unberechtigten) Fragen aus München ein Ende, wieso ein armes Land die Gebühr abschafft und Geld an die Uni überweist, das im reichen Bayern die Studenten selbst aufbringen müssen. Noch besser wäre es aber, das Drängen der CSU, jene Gebühren abzuschaffen, die sie als Alleinregierung selbst einführte, hätte irgendetwas mit Überzeugungen zu tun. Es geht aber nur um die Macht. Ein Musterbeispiel seehoferschen Politikstils, bei dem regelmäßig derjenige zum Ignoranten erklärt wird, der das propagiert, was man selbst zuvor am lautesten vertreten hat. Seriöse Politik sieht anders aus.
Hintergrund
Bayern besteht darauf, dass seine Landtagswahl am 15. September 2013 und die Bundestagswahl am 29. September stattfindet. CSU-Chef Horst Seehofer sah das als "vertretbar an", auch wenn am 29. September in drei Bundesländern die Herbstferien bereits begonnen haben werden. Auch die bayerische FDP-Vorsitzende und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete den 29. September als Termin der Bundestagswahl als "vertretbar und angemessen". dapd