Streit um Schutz von Praktikanten

Berlin. Generation Praktikum - dieses Thema entzweit Politik und Wirtschaft. Mit neuen gesetzlichen Regeln will Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) verhindern, dass Praktikanten nach ihrer Berufsausbildung oder einem Studium als billige Arbeitskräfte herhalten müssen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnt jedoch vor schärferen Bestimmungen

Berlin. Generation Praktikum - dieses Thema entzweit Politik und Wirtschaft. Mit neuen gesetzlichen Regeln will Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) verhindern, dass Praktikanten nach ihrer Berufsausbildung oder einem Studium als billige Arbeitskräfte herhalten müssen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnt jedoch vor schärferen Bestimmungen. 100000 Praktikantenstellen seien dadurch gefährdet, heißt es in einer gestern veröffentlichten Umfrage des DIHK. Was plant Arbeitsminister Scholz? Antwort: Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sollen Praktika als Lernverhältnisse definiert werden. Das Anrecht auf eine angemessene Vergütung soll ebenfalls im BGB fixiert werden. Auch müsste im Konfliktfall künftig der Arbeitgeber beweisen, dass er den Praktikanten nicht als Arbeitskraft missbraucht hat. Bislang liegt die Beweislast beim Praktikanten. Zugleich sollen Praktikanten ausgebliebene Vergütungen noch Jahre nach dem Praktikum einklagen können (Ausschlussfristen). Auch sollen Praktikantenverträge immer schriftlich geschlossen werden. Was kritisiert der DIHK? Antwort: Die befragten Unternehmen kritisieren vor allem die geplante Beweislastumkehr und den Wegfall der Ausschlussfristen. Müssten Unternehmen im Streitfall beweisen, dass es sich um Lern- und nicht um Arbeitsverhältnisse gehandelt hat, würden laut Umfrage 45 Prozent der Betriebe keine Praktika mehr anbieten. Bei den nachträglichen Ansprüchen liegt die Quote sogar bei 54 Prozent. Nach Berechnungen des DIHK fielen damit pro Jahr mindestens 100000 Praktikantenstellen weg. Was sagen die Praktikanten? Antwort: Bei seinem Vorstoß stützt sich der Arbeitsminister auf eine Studie des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie. Demnach werden mehr als 80 Prozent der freiwilligen Praktikanten mindestens zur Hälfte ihrer Arbeitszeit als normale Arbeitskraft eingesetzt. Rund 50 Prozent der Befragten gaben an, für ihr Praktikum keinerlei Vergütung zu erhalten. Nur etwa jeder Dritte beurteilte die Bezahlung als fair. Wie sind Praktika heute geregelt?Antwort: Nach dem Berufsbildungsgesetz haben Praktikanten schon heute ein Recht auf angemessene Vergütung. Arbeitet ein Praktikant ohne Anleitung Monate lang an einer Aufgabe in derselben Abteilung, kann er den Arbeitgeber auf ein entsprechendes Arbeitnehmergehalt verklagen. Laut DIHK ist diese Regelung aber nur unzureichend bekannt. Wie geht es jetzt weiter? Antwort: Die Ausarbeitung des Gesetzentwurfs soll Anfang 2009 fertig sein. Mitte Dezember wird sich der Petitionsausschuss des Bundestages erneut mit dem Thema befassen. Dem Gremium liegen mehr als 100000 Zuschriften von Betroffenen vor. vet

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort