Streit um Karnevalsumzug und Schwimmbadverbot

Rheinberg/Bornheim · Im Traum hätte niemand in Orsoy gedacht, dass die Übergriffe in der Silvesternacht von Köln in dem Dorf ein Rolle spielen würden. Jetzt wurde der Karnevalsumzug abgesagt – für viele ein Ärgernis.

Orsoy ist so ein Dörfchen, in dem die Welt noch in Ordnung scheint: Beim örtlichen Bäcker duftet es herrlich nach frischem Gebäck aus der Backstube. Draußen an der Tür wirbt der Karnevalsverein auf einem Plakat für den Rosenmontagszug. Und bei den Karnevalisten sind ungewöhnlich viele junge Leute aktiv, die sich alle auf den Umzug gefreut haben.

Doch plötzlich gibt es in dem Dorf heftige Diskussionen: Der Karnevalszug ist abgesagt. Die Stadt Rheinberg, zu der Orsoy gehört, hat zum ersten Mal ein Sicherheitskonzept für den Umzug gefordert, das der kleine Verein so schnell nicht liefern konnte. Die Stadt betont, dass sie dies nicht allein wegen der Flüchtlinge anmahnt. Aber die Flüchtlinge hätten ja keine Karnevalserfahrung, dann der Alkohol und die große Zahl von bis dahin 500 Flüchtlingen. Das sei ein "Gefahrenpunkt". Niemand habe gedacht, dass die Sache mit den Flüchtlingen jetzt so "hochstilisiert" werde, sagte Elferratsmitglied Nadine Geldermann .

Ja, es gebe Angst nach den Übergriffen von mutmaßlich nordafrikanischen und marokkanischen Männern auf Frauen in Köln. "Aber wir sind in Deutschland, und das ist unsere Tradition. Was geben wir demnächst auf? Weihnachten?", fragt Liane Weyers. Und soll sie ihren Kindern jetzt Angst vor Flüchtlingen machen, wenn sie ihnen erklärt, warum der Zug ausfällt?, fragt sie weiter. Auch in der rund 100 Kilometer südlich von Rheinberg gelegenen Stadt Bornheim gibt es Debatten: Flüchtlinge unter 18 Jahren dürfen zurzeit nicht mehr ins Schwimmbad. Besucherinnen und Angestellte sollen von Flüchtlingen angemacht worden sein. Wenn die jetzt mit Hilfe der Sozialdienste aus dem Verbot gelernt haben, dann dürfen sie auch wieder rein, macht die Stadt deutlich. Die Entscheidung stößt auf breite Kritik. Ein Sprecher der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen bezweifelte, dass das Verbot sich praktisch umsetzen lasse und juristisch haltbar sei. Die Gesellschaft, in der öffentliche und private Badbetreiber vertreten sind, setzt auf Vorbeugung: So sollen neue Aushänge gedruckt werden, auf denen in mehreren Sprachen Verhaltensregeln gegeben werden. Und schon am Freitag kündigte Bürgermeister Wolfgang Henseler an, dass das Verbot in der nächsten Woche aufgehoben werden soll.

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