Streit um Hausarzt-Programm

Berlin. Statt eilig verschriebener Medikamente sollen die mehr als 24 Millionen Versicherten der Ersatzkassen möglichst bessere Betreuung durch den Hausarzt bekommen. Bis zum Sommer solle es Vereinbarungen mit Hausarzt-Organisationen über entsprechende Programme geben, kündigte der Chef des Ersatzkassenverbands (vdek), Thomas Ballast, gestern in Berlin an

 Weniger Medikamente, dafür bessere Betreuung fordern die Ersatzkassen. Foto: ABDA/gms

Weniger Medikamente, dafür bessere Betreuung fordern die Ersatzkassen. Foto: ABDA/gms

Berlin. Statt eilig verschriebener Medikamente sollen die mehr als 24 Millionen Versicherten der Ersatzkassen möglichst bessere Betreuung durch den Hausarzt bekommen. Bis zum Sommer solle es Vereinbarungen mit Hausarzt-Organisationen über entsprechende Programme geben, kündigte der Chef des Ersatzkassenverbands (vdek), Thomas Ballast, gestern in Berlin an. Die Versicherten von Techniker Krankenkasse, Barmer, DAK, Kaufmännischer Krankenkasse und weiterer Kassen sollen gegen eine freiwillige stärkere Bindung an Hausärzte mehr Qualität erhalten. Ballast zeigte sich zuversichtlich, dass sich genügend Hausärzte für Programme nach diesen Vorstellungen finden.

Die ohnehin vorgeschriebenen Hausarztverträge sollten genutzt werden im Kampf gegen zu reichlichen und falschen Einsatz von Arzneimitteln, sagte der Bremer Gesundheitsökonom Gerd Glaeske. So verordneten Ärzte zu häufig Antibiotika bei Kindern, Pillen bei Senioren und Mittel gegen Asthma und Bluthochdruck. Wechsel- und Nebenwirkungen sollten vermindert werden.

Bis zu 80 Prozent der Kinder mit Infektionen der oberen Atemwege oder Mittelohrentzündung bekommen laut Glaeske vielfach fälschlicherweise Antibiotika. 35 Prozent der Männer und 40 Prozent der Frauen über 65 Jahren erhalten zudem neun Wirkstoffe oder mehr in Dauerverordnung. "Das muss sich einfach verändern", so Glaeske. Auch sparen könne man auf diese Weise. Ballast sagte, der Service etwa für schnellere Arzttermine solle ebenfalls mit den angepeilten Verträgen verbessert werden.

Mit ihrem Vorstoß wollen die Ersatzkassen nach Beobachtermeinung im Wettbewerb um Hausarztverträge Boden gut machen, nachdem die Barmer ein entsprechendes Programm beenden musste. Scharf kritisierte Ballast den Hausärztevertrag zwischen der AOK Bayern und dem dortigen Hausärzteverband. Dieser bringe den Ärzten nur "mehr Geld für die gleiche Leistung".

Alle Kassen müssen bis Ende Juni Hausarztverträge abschließen. Ballast und Glaeske kritisierten die Vorgabe, nun müsse aber das Beste daraus gemacht werden. Ballast rief die Hausärzte dazu auf, sich regional zu vertragsfähigen Alternativ-Organisationen zusammenzuschließen und bessere Angebote als der Hausärzteverband zu machen.

Der Vorsitzende des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, kritisierte den Vorstoß des Ersatzkassenverbands als unausgegoren. Der vdek setzte auf Verzögerung und spiele mit den Interessen seiner Versicherten. dpa

 Weniger Medikamente, dafür bessere Betreuung fordern die Ersatzkassen. Foto: ABDA/gms

Weniger Medikamente, dafür bessere Betreuung fordern die Ersatzkassen. Foto: ABDA/gms

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