Streit um Ausbau der Kinderbetreuung

Berlin. In Deutschland fehlen noch mindestens 348 000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren, um den Eltern darauf ab 2013 wie geplant einen Rechtsanspruch garantieren zu können. Das geht aus einer Stellungnahme des Bundesfamilienministeriums auf Anfrage der Linkspartei hervor, die unserer Zeitung vorliegt

Berlin. In Deutschland fehlen noch mindestens 348 000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren, um den Eltern darauf ab 2013 wie geplant einen Rechtsanspruch garantieren zu können. Das geht aus einer Stellungnahme des Bundesfamilienministeriums auf Anfrage der Linkspartei hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Bei Opposition und Kommunen mehren sich die Zweifel, ob der veranschlagte Bedarf überhaupt für eine Vollversorgung ausreichend ist.Vor drei Jahren hatten sich Bund und Länder auf ein zwölf Milliarden Euro teures Investitionsprogramm zum Ausbau der Kleinstkinderbetreuung verständigt. Damals sah man den Bedarf als erfüllt an, wenn 2013 bundesweit für 35 Prozent der unter Dreijährigen eine öffentliche Betreuungsmöglichkeit zur Verfügung steht. Nach Angaben der damaligen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) entsprach das insgesamt 750 000 Plätzen. 2007 gab es bundesweit nur knapp 304 000. In den beiden Folgejahren ist die Zahl spürbar gestiegen. 2009 waren es nach jüngsten Angaben der Bundesregierung schon 401 796. Damit fehlen aber immer noch rund 348 200 Plätze, die mit dem bisherigen Ausbautempo nicht zu schaffen sind. Erschwerend kommt das regionale Gefälle hinzu. Der Nachholbedarf konzentriert sich ausschließlich auf die alten Bundesländer. Wie aus einer aktuellen Übersicht des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, liegt die durchschnittliche Betreuungsquote hier lediglich bei 14,4 Prozent. Das Saarland kommt auf 15,1 Prozent. Mit 22,2 Prozent schneidet Hamburg noch am besten ab. Schlusslichter sind Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen mit 11,9 beziehungsweise 11,5 Prozent. Neue Länder vornDagegen liegen die Betreuungsquoten in den neuen Bundesländern schon heute durchweg bei mindestens 40 Prozent. Der überdurchschnittlich gute Betreuungsausbau im Osten kaschiert also zum Teil das wahre Ausmaß der Unterversorgung im Westen. Das Statistische Bundesamt hat deshalb den Bedarf unter der Annahme errechnet, dass die geplante Betreuungsquote von 35 Prozent statt im Bundesdurchschnitt auch in jedem einzelnen Bundesland erreicht werden soll. Ergebnis: Allein im Westen würden bis 2013 so insgesamt 559 000 Betreuungsplätze benötigt - weit mehr also doppelt so viele wie dort aktuell vorhanden (232 723) sind. Das Bundesfamilienministerium zeigt sich davon allerdings unbeeindruckt. Die Vorgabe für eine bedarfsgerechte Betreuungsquote von bundesweit 35 Prozent sei auf "guter empirischer Grundlage" vereinbart worden und immer noch gültig, sagte ein Ministeriumssprecher unserer Zeitung. In der Antwort des Ressorts auf eine Anfrage der Linkspartei zum Stand des Betreuungsausbaus heißt es lediglich, dass Länder und Kommunen "auf gutem Weg" seien. Dem widersprechen Kommunalvertreter jedoch energisch. Wegen Geldmangels und ständig steigender Nachfrage seien die Planungen bis zum Jahr 2013 nicht zu erfüllen, sagte kürzlich Münchens Oberbürgmeister Christian Ude (SPD). Denn: "Je mehr Angebote wir haben, desto mehr Eltern haben auch Interesse an einer Krippenbetreuung". Neue BedarfsplanungGrüne und Linkspartei verlangen von der Bundesregierung daher, die Bedarfsplanung neu zu überdenken. "Gerade in den westdeutschen Ballungsräumen ist der Bedarf deutlich höher", meinte Grünen-Fraktionsvize Ekin Deligöz.

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